Tacheles mit Aviel “Netanjahu ist gut für Juden”

Tacheles, offen und unverblümt sage ich meine Meinung. Mit Klartext und ohne Umschweife werde ich Themen auf den Kern der Sache bringen. Was sind wir zuerst, Juden oder Israelis? Das ist der Kern im aktuellen Streit, aber nicht nur heute, sondern schon immer.

von Aviel Schneider | | Themen: Tacheles mit Aviel, Benjamin Netanjahu, Justizreform
Israelis protestieren gegen die Reformen.
Israelis protestieren gegen die Reformen. Foto: Avshalom Sassoni/Flash90

In den 90er Jahren hat Benjamin Netanjahu, wenige Monate nach dem Mord am israelischen Ministerpräsidenten Itzchak Rabin, zum ersten Mal die Wahlen im Land gewonnen. Dies war aber nur mit dem legendären Wahlstrategen und amerikanischen Juden Arthur Finkelstein möglich. Er half Benjamin Netanjahu 1996, Schimon Peres in einer knappen Mehrheit als israelischer Premierminister abzulösen. Es war Finkelstein, der hinter dem Slogan „Peres wird Jerusalem teilen“ stand und damit Netanjahu zum Sieg über ihn verhalf. Diese Wahl hat den Ton des israelischen Wahlkampfes verändert und eine aggressivere und negativere Wahlkampfführung nach amerikanischem Vorbild ins Land importiert.

Arthur J. Finkelstein und Benjamin Netanjahu. 10. März 1999.
Arthur J. Finkelstein und Benjamin Netanjahu. 10. März 1999.

Eine Frage, die Finkelstein in den Umfragen im Volk stellte, um zu verstehen ob sie für Netanjahu stimmen, war, „Wie identifiziert du dich zuerst? Als Jude oder als Israeli”. Die Juden wählten Netanjahu, die Israelis wählten Schimon Peres. Alle erinnern sich noch an den Satz, den Netanjahu 1997 ins Ohr des weisen Thoraweisen Itzchak Kaduri flüsterte, so dass die Medien dies gerade noch hören konnten: „Die Linken haben vergessen, was es bedeutet Jude zu sein“.

Netanjahu ist gut für die
“Netanjahu ist gut für die Juden”

Netanjahus damalige Wahlkampagne, von der er nie abgewichen ist, auch nicht in den letzten fünfzehn Jahren, lautete, dass man entweder für ihn oder ein Feind des Volkes ist. Sein damaliger Wahlkampfslogan „Netanjahu ist gut für die Juden“ brachte dies auf den Punkt. Wenn man nicht für Netanjahu ist, dann ist man nicht gut für die Juden und somit ein Feind der Juden. Und wenn Netanjahu gut für die Juden ist, dann bedeutet das auch, dass Netanjahu schlecht für die Araber ist. Während der Osloer Verhandlungen protestierte das Volk heftig gegen die möglichen Landabgaben. In diesem Fall waren es die religiösen Juden, die Siedler und rechten Wähler. Was sie auf die Straße trieb, waren die territorialen Kompromisse im biblischen Kernland Judäa und Samaria. Als Jude darf man keine Kompromisse auf biblisches Land eingehen.

Eröffnung der Wintersitzung der Knesset. Auf dem Foto geben sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (links) und Staatspräsident Shimon Peres die Hand.
Eröffnung der Wintersitzung der Knesset. Auf dem Foto geben sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (links) und Staatspräsident Schimon Peres die Hand.

Und heute, 30 Jahre später ist dies derselbe Punkt in unserer Geschichte. Juden gegen Israelis. Aber diesmal sind im Schatten dieser Formel die „Israelis“ auf die Barrikaden gegangen, sowie vor 30 Jahren die „Juden“ protestierten. Für die Israelis sind die umstrittenen Rechtsreformen der Trigger, sowie für die Juden die die Landabgabe der Trigger war. In beiden Situationen war und ist Benjamin Netanjahu die Schlüsselfigur. Er und seine Wahlstrategen schufen damals die Kluft und gewannen so die Wahlen. Und heute wiederholt sich das gleiche, nur umgekehrt. Diesmal protestieren die so genannten Israelis, die Reformgegner. Das israelische Rechtssystem ist ihnen genauso wertvoll wie das biblische Kernland Judäa und Samaria den so genannten Juden wichtig war und ist.

Tausende von rechtsgerichteten Israelis protestieren am 05. Oktober 1995 in Jerusalem gegen die Osloer Abkommen. Foto von FLASH90
Tausende von rechtsgerichteten Israelis protestieren am 05. Oktober 1995 in Jerusalem gegen die Osloer Abkommen. Foto von FLASH90

Wir sind also wieder in dieselbe Diskussion gefallen, Juden oder Israelis. Was wollen wir sein? Das sind zwei verschiedene Weltanschauungen, die Israel in der Politik und Gesellschaft zerreißen. Es ist egal wie wir es beschreiben, das sogenannte erste Israel, oder zweite Israel, oder handelt es sich eher um einen Aufstand gegen die Globalisierung in Israel. Am Ende ist dies ganz einfach eine Identitätsfrage. Und wenn sich in den nächsten Wochen alles ein wenig beruhigt, wird alles mit der nächsten Identitätsfrage im israelischen Parlament wieder explodieren, nämlich dem umstrittenen Rückkehrrecht der jüdischen Einwanderer ins Land.

Die israelische Polizei versucht zu verhindern, dass rechtsgerichtete Demonstranten gegen das Oslo-Abkommen auf das Auto des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin springen. 05. Oktober 1995. Foto von FLASH90

Die israelische Polizei versucht zu verhindern, dass rechtsgerichtete Demonstranten gegen das Oslo-Abkommen auf das Auto des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin springen. 05. Oktober 1995. Foto von FLASH90

Das Rückkehrgesetz erlaubt jedem ins Land einwandern, der eine jüdische Mutter oder einen jüdischen Vater hat, zum Judentum übergetreten ist und keiner anderen Religion angehört. Außerdem ist das Recht auf Rückkehr auch auf die Kinder und Enkel von Juden gültig. Und diese Enkel wollen die orthodoxen und religiösen Parteien aus der Rückkehrformel rausnehmen. Wieder dreht es sich hier um die Identitätsfrage.

Was jetzt in den letzten zwölf Wochen im Land ausgebrochen ist, dreht sich genauso um die Identitätsfrage: was sind wir zuerst, Juden oder Israelis. Der Unterschied zwischen den linken und rechten ist der folgende: die Rechten sehen sich zuerst als Juden, Israelis und am Schluss als Mitglied der Weltgemeinschaft. Bei den Linken ist dies genau umgekehrt, diese betrachten sich zuerst allgemein als Mensch, dann als Israeli und zum Schluss als Jude. Zwei Weltbilder die den Streit im Volk Israel immer wieder verursacht haben, nicht nur heute, sondern auch in der Vergangenheit. Das hellenistische Judentum war in seiner Zeit ebenso im Clinch mit den rechten und religiösen Juden. Schon immer hat sich das jüdische Volk darüber gestritten und das wird auch wohl so in der Zukunft bleiben. Und keiner kennt den Unterschied im politischen Twist zwischen „Juden und Israelis“ besser als Benjamin Netanjahu. Zwei Lebensphilosophien die eigentlich in Eretz Israel zusammen gehören sollten, uns aber in der Politik aus taktischen Gründen immer wieder getrennt haben.

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