
Israels Realität ist so festgefahren, dass eine rechte Politik von den rechtesten Politikern im Land einfach nicht durchgesetzt werden kann.
Vier Monate nach der Regierungsbildung explodiert eine Krise in der rechtsnationalen Regierungskoalition. Der Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir schwört, dass seine Partei in der Knesset nicht mit der Regierung abstimmen wird, solange Premierminister Benjamin Netanjahu nicht eine rechtere Politik verfolgt, wie es die Koalition den Wählern versprochen hatte. Ben-Gvir äußerte sich, nachdem seine Partei die „schwache Reaktion“ seiner Regierung auf die jüngsten Raketenangriffe aus dem Gazastreifen kritisiert hatte. Netanjahus Likud-Partei hatte zuvor erklärt, wenn Ben Gvir unzufrieden sei, könne er gerne die Regierung verlassen. Ben-Gvir besteht auch darauf, dass er als Minister für nationale Sicherheit in sicherheitspolitische Überlegungen einbezogen werden soll, wie zum Beispiel zur Reaktion auf den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen. Netanjahu und der Verteidigungsminister haben Ben-Gvir nicht zur Notsitzung eingeladen und aus Protest dagegen, nehmen er und seine Partei Otzma Jehudit nicht mehr an den Abstimmungen im israelischen Parlament teil. „Wenn Netanjahu uns nicht in der Regierung haben will, dann soll er uns entlassen und nach Hause schicken“, sagt Ben Gvir zu Netanjahu. „Wenn wir Partner sind, dann müssen wir Einfluss haben.“

Das war zu erwarten, denn im israelischen Sicherheitsgremium nimmt keiner den Minister für nationale Sicherheit wirklich ernst. Dies ist nicht das erste Mal, dass Ben-Gvir in Sicherheitssitzungen vergessen wird. Jeder weiß, dass Ben-Gvir darauf besteht den Gazastreifen zu bombardieren, bis dieser dem Boden gleich gemacht wird. In dieser Art und Weise hat er dies vor den Wahlen versprochen. In milderen Worten haben das auch Politiker aus der Likud Partei ausgesprochen, darunter auch Benjamin Netanjahu. Aber was in der Opposition in der Theorie angesagt wird, passiert in der Praxis nicht, wenn man in der Regierung ist. Auch wenn 104 Raketen auf Israel abgeschossen wurden und drei Menschen Verletzungen erlitten. Aus diesem Grund will man den Störenfried nicht in einer sensiblen Sicherheitssitzung haben.
Auch wenn Itamar Ben-Gvir theoretisch recht hat, dass Israel wirklich mit einem schmerzhaften Schlag im Gazastreifen reagieren muss, worüber sich die Mehrheit im Volk auch einig ist, so ist derselben Mehrheit zum Teil auch klar, dass wir nicht mehr dazu fähig sind. Eine rechte Politik im Sinne von Hardliner und Falke, ist in Israel tabu. Die rechten Koalitionen reagieren gegen Terroranschläge und Raketenangriffe nicht härter als Israels linke Regierungen. Die linken Koalitionen, wie die letzte von Naftali Bennett und Yair Lapid, reagieren aus Angst vor der Kritik der rechten, sogar oft härter als die rechten Regierungen. Israels Staatsführung muss einfach zu viel Rücksicht auf politische Komponenten nehmen, innenpolitisch, palästinensisch, außenpolitisch, strategisch und vieles mehr Dies fesselt Israels Hände. Egal ob die Hände einer linken Regierung gehören oder einer rechten. Israels Hände sind nicht frei.

Dies erklärt auch weshalb die rechtsnationale Regierung nicht das illegale palästinensische Beduinenlager Khan al-Ahmar zwischen Maale Adumim und dem Toten Meer abreißt. Die nationalreligiösen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir kritisierten letzte Woche die Entscheidung ihrer eigenen Regierung, als diese beim Obersten Gerichtshof die Abweisung einer Klage beantragte, die darauf abzielt, den Staat zur Räumung von Khan al-Ahmar zu zwingen. Wiederholt drückt sich die rechtsnationale Regierung das Beduinenlager an der Straßenseite zu räumen, obwohl sie das ihren Wählern vor den Wahlen immer wieder versprach. Ein Gerichtsbeschluss zur Räumung des Beduinenlagers wurde seit vier Jahren immer wieder verschoben, vor allem aufgrund des großen Interesses von Menschenrechtsaktivisten, pro-palästinensischen Gruppen, den USA und der Europäischen Union. Im Februar erteilte das Gericht der rechten Netanjahu Regierung eine scharfe Rüge, weil sie zum neunten Mal einen Aufschub der Evakuierung von Khan al-Ahmar beantragt hatte. Die Regierung hatte einen viermonatigen Aufschub eines Gerichtsbeschlusses aus dem Jahr 2018 beantragt, damit sie einen Plan für die Umsetzung des Urteils ausarbeiten kann. Alle verstehen, dass dies nur politische Ausreden sind, um Zeit zu gewinnen und alles erneut zu verschieben.

Nicht einmal dazu ist die rechtsnationale Regierung fähig. Aber dafür ist die Regierung nicht selbst schuld. Das ist die Realität im Land. Die rechten Regierungen sind gezwungen eine Politik zu führen, mit der sie selbst nicht einverstanden sind, ob dies eine linke Politik ist bin ich mir nicht sicher. Aber Tatsache ist, dass die rechten Parolen vor den Wahlen im Winde verwehen, sobald sie Herrschaft im Volk gewonnen haben. Dasselbe passiert auch mit der Rechtsreform im Land. Rechte und religiöse Juden bestehen auf Reformen im israelischen Rechtssystem und zum Teil haben sie dazu volles recht, denn das Rechtssystem benötigt eine Renovierung. Aber auch in dieser Sache scheint die rechte Regierung nicht mächtig genug zu sein, dies durchzusetzen. Es ist egal, ob man dafür oder dagegen ist. Die Sache ist, die rechte Macht ist gegenüber dem linken System im Land unfähig Reformen durchzuführen. Die linke Elite, zu der das Rechtssystem zählt, Mainstream Medien, die Wirtschaft und auch Israels Sicherheitssystem sind wie eine Mauer. Reformgegner sehen darin ein Segen und Bewahrung der Demokratie, aber die rechten Wähler und Befürworter der Rechtsreform sehen darin eine Tragödie. Obwohl die Rechten die Wahlen im Land gewonnen haben, kommt eine rechte Politik nicht zum Ausdruck und das frustriert die rechte Bevölkerung im Land.

Dasselbe wiederholt sich mit dem neuen Entwurf für das ultraorthodoxe Militärgesetz. „Die israelische Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu wird auseinanderfallen, wenn der Entwurf für die Wehrpflicht und das ultraorthodoxe Militärgesetz beschlossen wird“, warnte Wohnungs- und Bauminister Jitzchak Goldknopf. Die orthodoxen Knessetmitglieder haben die bevorstehende Abstimmung über den Staatshaushalt 2023-2024 Ende Mai genutzt, um auf Fortschritte zu drängen, demzufolge orthodoxe Jeschiwa Schüler von der Wehrpflicht befreit werden. Der Haushalt muss bis zum 29. Mai verabschiedet werden, damit die Knesset nicht automatisch aufgelöst wird, was zu Neuwahlen führen würde. Mit der Forderung nach einem Grundgesetz über das Tora Studium soll verhindert werden, dass der Oberste Gerichtshof das Gesetz über die generelle Befreiung vom Wehrdienst für ungültig erklärt, wie er es in der Vergangenheit bereits dreimal getan hat, und zwar mit der Begründung, dass eine solche Befreiung gegen den Grundsatz der Gleichheit aller Bürger verstößt, da alle anderen jüdischen Männer zum Wehrdienst verpflichtet sind.

Dies wurde bereits in den Koalitionsvereinbarung zwischen dem Likud und der orthodoxen Vereinten Tora Partei festgelegt. Dies hat Benjamin Netanjahu den orthodoxen Parteien bei der Regierungsgründung zugesagt. Nun aber kritisieren sie in den orthodoxen Medien das Verhalten von Netanjahu, der wieder einmal seine Versprechen gegenüber seinen Verbündeten nicht einhält. Netanjahus rechtsnationale Regierungskoalition hat die volle Mehrheit von 64 Mandaten im israelischen Parlament und dennoch ist sie nicht fähig dieses Gesetz zugunsten der Verbündeten durchzusetzen. Egal wie man am Ende alles auslegen möchte, die rechte Regierung ist einfach impotent ihre eigenen rechten Ideen durchzusetzen. Aus diesem Grund fragen sich die Menschen im Land, ob eine rechte Politik überhaupt noch möglich ist.
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4 Antworten zu “Tacheles mit Aviel – Ist eine rechte Politik überhaupt noch möglich?”
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Es reicht offenbar nicht, auf das Volk mehrheitlich zu hören, es wird zu viel Rücksicht genommen auf das, was außerhalb Israels gesagt wird. Das ist falsch! Nur was Gott sagt, steht über dem Volk.
Mit anderen Worten: der “Karren ist total verfahren”..Woher nehmen die Orthodoxen, die Rechten eigentlich ihre Legitimation, nicht am Wehrdienst
teilzunehmen? Der Tanach ist voll von Kampf-Einsätzen der Männer
des Volkes Israel….
Wer darüber einen ausführlichen Artikel lesen will: Prophetische Zeitzeichen: Israel und seine arabischen Nachbarstaaten – Schatten prophetischer Ereignisse..aus der Reihe: Bibelkommentare …..Jeder der das Ernst nimmt,
kann sich auch dahingehend inspirieren lassen, wiiiie wahr und Zeiten-umspannend die Bibel geschrieben wurde.
Der Geist der Demokratie brauch gleichgeschaltete Menschen, wenn er diese nicht findet, da gibt´s halt Druck!
Wir brauchen mehr Demokratie. Bei Ihrem nächsten Flug werden alle Fluggäste kurz vor dem Start zur Wahl eines Piloten aufgefordert, das kann doch jeder! Wenn sich dabei 80% enthalten und die verbleibenden 20 % ich in 5 Gruppen aufteilen, dann kann so ein Pilot doch schnell benannt werden…. Wir wünschen Ihnen einen guten Flug!
Eine rechte Politik ist möglich. Es fehlt nur der geeignete Politiker im Land Israel, der den Mut hat, diese Politik durchzusetzen. Netanyahu gehört durch Itamar Ben-Gvir ersetzt. Israel zu führen, dazu gehört mehr Unerschrockenheit, Mut und Kampfeswillen. Netanyahu ist zu schwach dafür und lässt sich viel zu sehr von außen beeinflussen. Mit solchen Politikern, wie bisher, wird Israel nie richtig unabhängig werden und weiterhin aus lauter Menschenfurcht, Land für Land an seine Feinde verschenken.