
Guten Morgen liebe Leser!
„Ahalan Aviel, was ist? Wo seit ihr? Wann macht ihr endlich die Grenze in Taba auf“, solche Audio Meldungen über WhatsApp höre ich immer wieder. Abu Nader, Santa Katarina, Abu Talal und Tamer setzen sich alle paar Wochen mit mir in Verbindung und fragen, wie es uns geht. Sieben Monate ist Israels Landgrenze zum Sinai in Eilat nun schon geschlossen. „Der Sinai ist leer. Ihr fehlt uns.“ „Wie geht’s deiner Familie?“ „Sobald die Grenze wieder offen ist, sag deinen Jungs, dass wir sie in Taba abholen.“ Auch ich frage sie, wie sie die Corona-Krise im Sinai überleben. „Alles langweilig ohne euch.“ „Bei uns gibt es kein Corona.“

In den letzten Monaten hat die Regierung mehrmals durchblicken lassen, dass man die Öffnung der Grenze am Taba-Übergang in Erwägung zieht. Doch getan hat sich bislang nichts. In den sozialen Netzwerken wurden Petitionen ausgerufen, Tausende Israelis forderten die Öffnung der Grenze. Es wurde sogar eine Art Zivilklage eingereicht, die eine Erklärung der Regierung forderte, weshalb andere Grenze offen sind, aber nicht die zum Sinai. Das war im Sommer, als Israelis wieder ins Ausland fliegen durften, entweder zu bestimmten Urlaubszielen oder als Israelis mit ausländischen Reisepässen, die wohl die meisten im Land haben. Aber der Sinai ist noch immer zu.
Medien im Land berichten, wie es Israelis gelingt, dennoch in den Sinai einzureisen. Sie fliegen nach Istanbul, dort machen sie einen Corona-Test. Von dort fliegen sie nach Sharm el Scheich im Sinai. Dies erzählte mir auch kürzlich Abu Nader, der in den letzten Wochen mehrere Israelis in Dahab und in der Blauen Lagune neben Nuweiba getroffen hat. Am Küstenstreifen zwischen Taba bis Naqeb (Sharm el Scheich) herrscht der Beduinenstamm Mussina, zu dem Abu Nader und Abu Talal gehören. Santa Katarina stammt aus dem Beduinenstamm Dschabaliya und ist ein Freund von Abu Nader.

Santa Katarina trägt diesen Namen, weil er aus dem Gebirge der hohen Berge um das Katharinen Kloster kommt. Während der Woche arbeitet er üblicherweise am Küstengebiet und am Wochenende fährt er in die Berge zurück. Er ist leichter erreichbar als Abu Nader, der in einem verlassenen Strandgebiet lebt, wo das ägyptische Netz kein Signal hat. Vor dem Sommer war Abu Nader für mehrere Wochen wie vom Erdboden verschluckt. Null WhatsApp. Als ich bei Santa nachfragte, erzählte der mir, dass Abu Nader mit seiner Herde in den Bergen ist. Dort soll es gutes Wasser geben, nachdem es im Frühling tüchtig geregnet hatte. Zwei Tage später meldete sich Abu Nader und erzählte mir, dass er mehrere Wochen in der Gegend von Gebel Mussa war. Das ist der Berg Mose oder Sinai Berg, wo unterhalb das griechisch-orthodoxe Katharinen Kloster liegt. Dieses Kloster wurde im sechsten Jahrhundert gegründet und ist eines der ältesten immer noch bewohnten Klöster des Christentums. Die Klosterbibliothek ist wahrscheinlich die älteste erhaltene christliche Bibliothek. Sie enthält um 6000 Handschriften in griechischer, syrischer, altäthiopischer, arabischer und georgischer Sprache, davon dreitausend aus der Antike und einige älter als das Kloster selbst. Ich erinnere mich noch immer, wie mein Vater davon erzählte, als er in den 70er Jahren zum ersten Mal im Kloster war und ein Teil dieser Bibliothek sah, wie auch die Schädelstätte im Katharinen-Kloster. Das ist eine Sammelstelle für die Schädel der verstorbener Mönche. Es existiert irgendwo noch ein Foto davon.
Aber zurück ins Jahr 2020. Vor wenigen Wochen verglich der israelische Journalist Akiva Novik die Situation zwischen dem Sinai und Uman in der Ukraine. Warum können Juden nach Uman zum Grab ihres Rebbe fliegen und uns wird die Einreise in den Sinai verboten? Der Unterschied liegt darin, dass die so genannten Uman Juden eine laute und mächtige Lobby im israelischen Parlament haben, die orthodoxen Knessetparteien. Aber die Sinai Juden haben keinen, der für sie in der Knesset die Stimme erhebt und verlangt, die Sinai-Grenze zu öffnen. Novik ist ein religiöser Jude, der jährlich mehrmals mit seiner Familie in den Sinai fährt, besonders während der jüdischen Feiertage. Dafür bereiten die Beduinen koschere Hüttenresorts zwischen Nuweiba und Dahab. „Zu Pessach und Sukkot ist alles ausgebucht für die Koscher People“, sagte mir im letzten Februar ein Beduine in Nuweiba, aber wegen Corona sei alles geplatzt.
Nun muss auch dazu erwähnt werden, dass die Grenze zum Sinai aus politischen Gründen nicht geöffnet wird, um die Israelis in Eilat zu behalten, ansonsten strömen viele sofort in den Sinai. Zu den jüdischen Feiertagen waren im letzten Jahr über 150.000 Israelis im Sinai. „Und die IS-Dschihadisten im Norden des Sinai sollen uns keine Angst machen“, ermutigen unsere Beduinenfreunde mich und alle anderen. „Auch wir sind Beduinen“ beruhigt mich jedes Mal Abu Nader und Abu Talal.

So oder so, die ägyptische Sinai-Halbinsel gehört zur jüdischen Geschichte. Schon immer war das Volk Israel mit dem Sinai verbunden. Es wanderte vierzig Jahre im Sinai. Der Sinai ist wie eine Reibungszone zwischen Gefangenschaft und Freiheit. Dies kann man im physischen wie auch im geistlichen Sinne verstehen. Der Sinai spielte neben dem Auszug der Kinder Israels in bedeutenden Geschichten in der Bibel eine wichtige Rolle. Wie bei den Erzvätern und Josef. Auch im Neuen Testament, nachdem die Weisen aus dem Morgenland abgereist waren, erschien Josef ein Engel im Traum. Dieser befahl ihm, mit Maria und Jesus nach Ägypten zu fliehen, da Herodes das Kind töten wolle. In diesem Fall rettete sich die Familie und Jesus nach Ägypten, so wie Josefs Leben ebenso in Ägypten gerettet wurde, nachdem er von seinen Brüdern verkauft worden war. Danach folgte die Erlösung, Josef erlöste seine Familie und Jesus erschien als Erlöser. Somit symbolisierte der Sinai schon immer eine wichtige Station im jüdischen Volk. Und dieses Gefühl lebt bis heute noch.
Viele Israelis fassen den Sinai wie ein Vorhof Israels auf und lieben die Wüste am Roten Meer. Der Sinai hat einen Vibe, den Israelis lieben. Aus diesem Grund heißt Israels größte Facebookseite und Webseite Sinai-Vibes. Die meisten kribbelt es schon, wieder in den Sinai zurück zu dürfen. Und wenn wir wieder in den Sinai einreisen können, soll ich unbedingt Bamba für seine Kinder mitbringen. Die Beduinen lieben Israels Erdnussflips. Abu Nader: „Bring drei Tüten mit, meine Kinder sind in den letzten sieben Monaten gewachsen. Yella. Schalom. Bis bald. Inschallah noch in diesem Jahr.“
Und nun zurück in unser Land, zum Wetter.
Das Wetter für heute in Israel
Meistens heiter ohne große Veränderungen der Temperaturen. Für heute werden folgende Höchsttemperaturen erwartet: Jerusalem 29 Grad, Tel Aviv 27 Grad, Haifa 25 Grad, Tiberias am See Genezareth 32 Grad, am Toten Meer 33 Grad, Beersheva 31 Grad, Eilat am Roten Meer 35 Grad. Der Wasserpegel des See Genezareth ist unverändert und liegt bei – 209.84 m unter dem Meeresspiegel angegeben. Es fehlen 104 Zentimeter bis zur oberen Grenze!
Im Namen der gesamten Redaktion von Israel Heute wünsche ich Ihnen einen angenehmen Montag. Machen Sie es gut.
Schalom aus Jerusalem!
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