Tacheles mit Aviel – „Ich bin die Mutter und will den Säugling nicht zerschneiden“

Tacheles, offen und unverblümt sage ich meine Meinung. Mit Klartext und ohne Umschweife werde ich Themen auf den Kern der Sache bringen. Die Bibel ist in Israels Politik integriert, nicht nur in politischen Entscheidungen, mehr noch in Reden der Politiker.

von Aviel Schneider | | Themen: Justizreform, Tacheles mit Aviel
Mutter. Premierminister Netanjahu wendet sich an das Volk und verspricht eine Pause in der Justizreform.
Premierminister Netanjahu wendet sich an das Volk und verspricht eine Pause in der Justizreform. Foto: Marc Israel Sellem/POOL

Alle haben gestern auf Benjamin Netanjahus Rede an die Nation gewartet. Zuerst wurde uns die Rede um 10:30 angekündigt, dann wurde sie auf zwölf Uhr mittags verschoben und dann wieder verschoben. Am Abend wurde uns mitgeteilt, dass Netanjahu um fünf Minuten nach acht Uhr die Nation ansprechen wird. Primetime und bis dann haben seine Koalitionspartner im Blitz die rechten und religiösen Wähler im Land aufgerufen, nach Jerusalem zu kommen und der Nation zu zeigen, wie stark die gesellschaftliche Rückendeckung für die umstrittenen Rechtsreformen im Volk ist.

So standen sich auf einmal zig Tausende Israelis an der Knesset gegenüber. Die rechten und religiösen Juden protestierten für die Justizreform, die um jeden Preis durchgesetzt werden soll und auf der anderen Straßenseite protestierten die Reformgegner, die nicht nur Linke und Anarchisten sind. Die Reformgegner bilden ein gemischtes und buntes Volk. 29% der Teilnehmer an den Protesten gegen die Rechtsreform sind Likudwähler, dies wurde im rechten Fernsehkanal 14 gemeldet. Die israelische Polizei, die in der letzten Zeit sowieso rund um die Uhr schwitzt, stellte gestern Abend die Pufferzone zwischen den Geschwistern im Volk. Das war riskant, aber die Koalition wollte den Reformgegnern ihre Macht zeigen.

Die Polizei hat es in diesen Tagen nicht leicht. Avshalom Sassoni/Flash90
Die Polizei hat es in diesen Tagen nicht leicht. Avshalom Sassoni/Flash90

Und nicht weit von den Protesten hat Israels Premierminister das Volk angesprochen, mit einer Verspätung von zehn Stunden. In dieser Zeit musste Netanjahu unter anderem seine Koalition retten. Wer ihm am meisten Probleme in diesen Stunden machte, war der Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir. Er drohte Netanjahu aus der Koalition auszusteigen, wenn die Justizreform gestoppt wird. Er forderte für seine Zustimmung zum Reformstopp ein Etat für eine Nationalgarde, die er zur Sicherheit der Menschen im Süden und anderen Gegenden im Land in einsetzen will. Netanjahu blieb nichts anderes übrig als ihm zustimmen, aber dies musste er ihm schriftlich geben, denn niemand glaubt Netanjahu mehr so richtig.

Im Land wird diese Erpressung heftig kritisiert, unter anderem auch von der Polizei, denn diese Nationalgarde wird wie eine private Miliz von Itamar Ben Gvir sein. Nachdem in der Koalition alles geregelt war, sagte auch Justizminister Yariv Levin seinen Rücktritt ab und nachdem die Rede an die Nation mit dem orthodoxen Schass Parteichef Arie Deri formuliert worden war, war es Zeit das Volk anzusprechen.

Mutter. In letzter Sekunde konnte Netanjahu seine Koalitionspartner überzeugen. Yonatan Sindel/Flash90
In letzter Sekunde konnte Netanjahu seine Koalitionspartner überzeugen. Yonatan Sindel/Flash90

 

„Bürger von Israel. Vor dreitausend Jahren fand hier in Jerusalem das Urteil von König Salomo statt“, war der erste Satz in Bibis Rede an die Nation. Er machte denselben biblischen Vergleich, den vor über einer Woche sein Finanzminister und Parteichef der religiösen zionistischen Partei Bezalel Smotrich machte. Beide machten in ihrer Ansprache klar, wer in diesem Gleichnis die wahre Mutter des Säuglings ist.

„Zwei Frauen traten vor König Salomo. Jede von ihnen behauptete, sie sei die wahre Mutter des Säuglings. König Salomo befahl, ein Schwert zu holen und das Kind in zwei Hälften zu schneiden. Die eine Frau war bereit, das Kind in zwei Hälften zu zerteilen, während die andere sich strikt weigerte und darauf bestand, dass das Kind lebendig und unversehrt blieb. Auch heute behaupten beide Seiten in der nationalen Kontroverse, das Kind zu lieben, unser Land zu lieben. Ich bin mir der enormen Spannung bewusst, die sich zwischen den zwei Teilen in der Nation aufgebaut haben und ich habe ein offenes Ohr für den Wunsch vieler Bürger, diese Spannung abzubauen.“

Mit der folgenden Kritik machte Netanjahu deutlich, wer das Volk teilen will und wer nicht. Welche Mutter liebt ihr Kind und will es nicht teilen und welche doch. „Eine Sache kann ich jedoch nicht akzeptieren. Es gibt eine extremistische Minderheit, die bereit ist, unser Land in Stücke zu reißen. Sie bedient sich der Gewalt und der Aufwiegelung, sie droht damit, gewählten Vertretern im Volk zu schaden, sie schürt den Bürgerkrieg und sie ruft zur Dienstverweigerung auf, was ein schreckliches Verbrechen ist. Der Staat Israel kann ohne die IDF nicht existieren und die IDF kann nicht existieren, wenn der Dienst verweigert wird. Dienstverweigerung auf der einen Seite wird zu Dienstverweigerung auf der anderen Seite führen. Die Verweigerung des Armeedienstes ist das Ende unseres Landes. Diejenigen, die zur Dienstverweigerung aufrufen, diejenigen, die zu Anarchie und Gewalt aufrufen, schneiden das Baby wissentlich in zwei Teile. Aber die überwältigende Mehrheit der israelischen Bürger auf beiden Seiten der Kluft will das Kind nicht zerreißen. Sie sind nicht bereit, die Nation in zwei Teile zu schneiden.“

Auch die Unterstützer der Justizreform können eine große Menschenmasse organisieren. Arie Leib Abrams/Flash90
Auch die Unterstützer der Justizreform können eine große Menschenmasse organisieren. Arie Leib Abrams/Flash90

Aber wenn man die Reformgegner fragt, dann sagen sie, dass sie die wahre Mutter des Säuglings sind, denn kein israelischer Ministerpräsident hat das Volk so gespaltet wie Benjamin Netanjahu. Alle, die anderer Meinung sind, sind entweder Linke, Verräter und neuerdings auch Anarchisten. Nu, wie damals gegenüber König Salomo haben sich die Mütter darum gestritten, wer die wahre Mutter ist. Eine hat gelogen, wer lügt heute?

„Ich bin nicht bereit, die Nation in zwei Hälften zu teilen. Seit drei Monaten habe ich immer wieder zum Dialog aufgerufen und auch gesagt, dass ich nichts unversucht lassen werde, um eine Lösung zu finden, denn ich erinnere mich, wir erinnern uns, dass wir es nicht mit Feinden zu tun haben, sondern mit unseren Brüdern. Ich sage hier und jetzt: Es darf keinen Bürgerkrieg geben. Die israelische Gesellschaft befindet sich auf einem gefährlichen Kollisionskurs. Wir befinden uns in einer Krise, die die grundlegende Einheit zwischen uns gefährdet. Diese Krise erfordert von uns allen ein verantwortungsvolles Handeln,“ fuhr Netanjahu fort.

Aus nationaler Verantwortung und aus dem Wunsch heraus, eine Spaltung der Nation zu verhindern, hat Netanjahu beschlossen, die zweite und dritte Lesung des Gesetzes in der jetzigen Knesset zu verschieben, um Zeit zu gewinnen. „Wir werden einen breiten Konsens vor der Gesetzgebung in der nächsten Knesset erreichen. Aber wir werden die Reform verabschieden, die das verlorene Gleichgewicht zwischen der Gewaltenteilung wiederherstellt.“

Die Mitglieder unseres Telegram-Kanals haben abgestimmt.
Die Mitglieder unseres Telegram-Kanals haben abgestimmt.

Der biblische Vergleich zieht das Volk automatisch in die biblische Vergangenheit in diesem Land. Dasselbe Volk im selben Land zankt sich wieder, wie zur biblischen Zeit. Das ist eine Tragödie, denn aus der biblischen Geschichte wissen wir, wie alles ausgegangen ist und das bewegt unsund genau darüber werde ich mit euch heute Abend sprechen.

„Steht Israel vor der dritten Tempelzerstörung?“ Chefredakteur Aviel Schneider wird über die gefährliche Situation im Volk Israel reden. Wer gegen wen? Und warum explodiert das Volk wegen den umstrittenen Justizreformen? Heute Abend um 19:00 Uhr deutsche Zeit.

Hier kann man sich anmelden…

https://us06web.zoom.us/meeting/register/tZYoc-2trD4jE93OvMZuhSTfJYVcP0MrmgCG

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3 Antworten zu “Tacheles mit Aviel – „Ich bin die Mutter und will den Säugling nicht zerschneiden“”

  1. Jesaja6610 sagt:

    Möge der Frieye des Höchsten die Gedanken und Sinne der Kontrahenten lenken und nicht die menschliche “Klugheit”. Wie es damals ausgegangen ist, das wissen wir. Es endete in einer Katastrophe…

  2. Jörg Rene Rodegra sagt:

    …standen damals nicht zwei Huren vor König Salomo?

    Wo war damals der Vater und wer könnte heute der Vater sein?

  3. Hans Werner Brockhaus sagt:

    Psalm 2 trifft die heutige Situation im Heiligen Land auf den Kopf. Hier warnt Gott die Könige der Erde und die Richter des Landes, die sich heute vor allem im Obersten Gerichtshof Israels Entscheidungen anmaßen, vor einem „Weiter so“. Sie sollten nicht die Teilung des Landes, deretwegen der HERR die Völker richten wird (Joel 4,2), weiter so unvernünftig vorantreiben. Die starke Einflussnahme der USA und der EU auf die neue Regierung wie auch die Erklärungen Yair Lapids über die Schaffung eines Pal. Staates und die Missachtung des obersten Gerichtshofs der Petitionen von Regavim illegaler Bauten der PA und seine Akzeptanz von LGBTIQ machen diesen Psalm noch aktueller:
    „Die Könige der Erde lehnen sich auf, und die Fürsten verabreden sich gegen den HERRN und gegen Seinen Gesalbten: »….So nehmt nun Verstand an, ihr Könige, und lasst euch warnen, ihr Richter der Erde (des Landes)“

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