Tacheles mit Aviel – Für Juden ist das Kreuz kein Erlösungszeichen

Tacheles, offen und unverblümt sage ich meine Meinung. Die Meldung über einen deutschen Abt, dem nahegelegt wurde, sein Brustkreuz vor der Klagemauer in Jerusalem zu verbergen, sorgte auch in den israelischen Medien für Kritik.

von Aviel Schneider | | Themen: Christen, Jerusalem, Tacheles mit Aviel
Eigentlich kein Problem - Priester bei einem Besuch der Klagemauer. Archivbild: Nati Shohat/Flash90

Wie groß darf ein Kreuz sein, wenn man das Gelände der jüdischen Klagemauer in Jerusalem besucht? Weiß ich nicht, aber Tacheles gibt es wirklich keinerlei Regelungen für religiöse Symbole an der jüdischen Tempelmauer. Hier spielen Gefühle der Menschen eine Rolle und ja, es gibt viele Juden, die sich an Kreuzen stören. Gestern war das Brustkreuz eines deutschen Abts zu groß und auffällig für das jüdische Umfeld. So auffällig, dass sich eine jüdische Aufseherin an dem Brustkreuz störte und deswegen den Abt ansprach. Für Juden ist das Kreuz kein Hoffnungszeichen wie für Christen, das für die Vergebung der Sünden und die Versöhnung Gottes mit den Menschen steht. Unter dem Schatten des Kreuzes hat das jüdische Volk in der Kirchengeschichte gelitten. Was gestern passierte, passiert selten, aber passiert. Man sollte es relativ betrachten.

Alles begann mit einem Versehen, als die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, mit dem deutschen Abt Nikodemus Schnabel die jüdische Klagemauer besuchte. Es kam zu einem höflichen Eklat vor der Klagemauer, als eine Ordnungshüterin der zuständigen Klagemauer-Stiftung das Brustkreuz sah und den Abt aufforderte, es zu verstecken. Die Ausmaße des Kreuzes seien einfach zu groß und, so die Dame, für die heiligste Stätte des jüdischen Volkes unangemessen. Auf einem Video ist zu sehen, wie Schnabel seine Halskette mit dem Kreuz erklärt: “Das ist meine normale Kleidung und keine Provokation. Ich glaube, Nikodemus Schnabel kennt die jüdischen Gefühle.


Doch die jüdische Ordnungshüterin ließ nicht locker und forderte Schnabel auf, das Kreuz zu verhüllen. Doch Nikodemus weigerte sich, sein Kreuz zu verhüllen, letzlich wurde ihm der Zutritt zur Klagemauer nicht verwehrt. Abt Nikodemus Schnabel und die Ministerin verließen das Gelände vor der Klagemauer, da die Führung ohnehin zu Ende war. Der Abt nahm das Kreuz nicht ab. Die Stiftung Klagemauer entschuldigte sich nachträglich für die entstandenen Unannehmlichkeiten.

Punkt. Ende der Geschichte. Das passiert und sollte man nicht noch weiter hochspielen. Am Gelände der jüdischen Klagemauer werden nicht nur Priester wegen Kreuzen von den jüdischen Aufsehern vor Ort zu Wort gestellt, sondern auch Juden, die nicht angemessen gekleidet sind oder sich nicht passend verhalten. Darüber hinaus wird christlichen Touristen und Pilgern mit Kreuzketten niemals der Eintritt zur Klagemauer verweigert. Doch oberhalb der Klagemauer haben muslimische Religionswächter des Waqf am Eingang zum Tempelplatz die Taschen der Touristen nach Bibeln durchsucht. Das Heilige Buch der Christen ist unrein und darf sich nicht in der Nähe der Moscheen befinden.  Nicht nur das, der Eintritt in Mekka in Saudi-Arabien ist für Ungläubige, Juden und Christen strikt verboten. Das liegt daran, dass Mekka die Stadt des Propheten Mohammed ist und somit im rituellen Sinne „rein“ und deshalb nur für Muslimen erlaubt ist.

Gerne erinnert man sich vor etwa sieben Jahren daran, als der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm sein Amtskreuz während seines Besuches an der Klagemauer und auf dem Tempelberg teilweise abnahm. Beim Besuch der Al-Aksa-Moschee und der Klagemauer waren die Bischöfe damals von den jeweiligen Zuständigen gebeten worden, ihre Amtskreuze nicht zu tragen.

„Als Christ will er nicht das Kreuz demonstrativ vorneweg tragen und dadurch Zwietracht säen“, sagte damals Bedford-Strohm. „Ich habe als Repräsentant einer Religion die Aufgabe, friedensstiftend zu wirken“. Andererseits haben alle Päpste bei ihren Besuchen im Heiligen Land und vor der jüdischen Tempelmauer ihre Brustkreuze getragen. Das war überhaupt kein Thema.

Was gestern vor der Klagemauer passierte, war ein einmaliger Zwischenfall durch eine Angestellte vor Ort. Keine offizielle Regel. Dieselbe Aufseherin betritt wahrscheinlich wie viele andere Juden keine Kirchen. Für religiöse Juden ist eine Kirche ein Götzentempel, da die christliche Theologie der Dreieinigkeit streng genommen kein Monotheismus ist. Aus diesem Grund raten Rabbiner ihren Gläubigen ab, Kirchen zu betreten. Der Staat Israel sieht das anders, die israelische Armee wie auch das Erziehungsministerium besuchen mit ihren Soldaten und Schülern Kirchen im Land, um die jungen Menschen im Volk aufzuklären.

Die Dormitio-Abtei in Jerusalem, Foto: Shutterstock

Übrigens, der deutsche Benediktinerpater Nikodemus Schnabel ist der achte Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem auf dem Zionsberg. Während der Weihnachtsmesse und anderen Events in der Abtei kommen zahlreiche Juden auf den Zionsberg und nehmen an den christlichen Feiern teil. Wer will kann das natürlich negativ sehen, wie hier und dort junge orthodoxe Juden Priester in der Jerusalemer Altstadt mobben oder anspucken, so wie es in letzter Zeit passierte. Aber dies wird von offiziellen Stimmen im Land heftig kritisiert.

Der Staat Israel ist die Heimat des jüdischen Volkes. Zwei Jahrtausende haben Juden in der Diaspora unter den Kirchen gelitten und das Symbol war das Kreuz. Daher kann und darf man verstehen (aber nicht gutheißen!), wenn sich deswegen hier und dort einige Juden über Kreuze im Land aufregen. Grundsätzlich sind Juden toleranter als Christen, das zeigt die Geschichte.

 

Mitglieder

Israel Heute Mitgliedschaft

Alle Mitglieder-Inhalte lesen Zugang zu exklusiven, ausführlichen Berichten aus Israel! Kostenlose Zoom-Veranstaltungen Verbinden Sie sich mit Israel, direkt von Zuhause aus! Jetzt eine Stimme der Wahrheit und Hoffnung erheben Unterstützen auch Sie den zionistischen Journalismus in Jerusalem! Mitgliedschaftsangebote
  • Online-Mitgliedschaft (Voller Zugang zu allen Mitglieder-Inhalten von Israel Heute)
  • Druckausgabe (6 x im Jahr)
  • Jüdisch/christlicher Israel-Wandkalender am Jahresende

Jährlich
Mitgliedschaft

68,00
/ Jahr
6 Magazine + Online Mitgliedschaft AUßERHALB Deutschlands
Werden Sie Mitglied

Jährlich
Mitgliedschaft

58,00
/ Jahr
First month free of charge
Voller Zugang zu allen Mitglieder-Inhalten PLUS 6 Druck-Magazine INNERHALB Deutschlands
Werden Sie Mitglied

15 Antworten zu “Tacheles mit Aviel – Für Juden ist das Kreuz kein Erlösungszeichen”

  1. j-glaesser sagt:

    Ja so ist es – und die Juden haben nicht nur gelitten unter dem Kreuz und den Deutschen, sondern wurden millionenfach über viele Jahrhunderte ermordet.
    Martin Luther wird in Deutschland hochgeehrt – einer der folgende Schrift veröffentlichte: Von den Juden und ihren Lügen (Januar 1543)
    Dabei fordert er:
    ihre Synagogen niederzubrennen / ihre Häuser zu zerstören und sie wie Zigeuner in Ställen und Scheunen wohnen zu lassen / ihnen ihre Gebetbücher und Talmudim wegzunehmen, die ohnehin nur Abgötterei lehrten / ihren Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe zu verbieten / ihren Händlern das freie Geleit und Wegerecht zu entziehen / ihnen das „Wuchern“ (Geldgeschäft) zu verbieten / all ihr Bargeld und ihren Schmuck einzuziehen und zu verwahren / den jungen kräftigen Juden Werkzeuge für körperliche Arbeit zu geben und sie ihr Brot verdienen zu lassen.

    • ELI sagt:

      Ich denke es steht uns nicht zu über andere Menschen zu richten. Niemand weiß was zwischen Gott und einem Menschen passiert und vielleicht hat Gott vergeben und niemand weiß davon. ” Richtet nicht auf das ihr nicht gerichtet werdet.”

      • j-glaesser sagt:

        1 Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!
        2 Denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
        3 Was aber siehst du den Splitter, der in deines Bruders Auge ist, den Balken aber in deinem Auge nimmst du nicht wahr?
        4 Oder wie wirst du zu deinem Bruder sagen: Erlaube, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen; und siehe, der Balken ist in deinem Auge?
        5 Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge! Und dann wirst du klar sehen, um den Splitter aus deines Bruders Auge zu ziehen.

  2. Havershalom sagt:

    Shalom,
    dem Martin Luther und Anderen habe ich vergeben. Das ist viel einfacher und sehr befreiend als “ewig” Vorhaltungen und Gejammer zu machen, was doch im Nachhinein nicht ungeschehen gemacht werden kann.
    Jeshua hat gesagt, wir sollen Anderen die Verfehlungen vergeben, denn dann werden mir auch meine Verfehlungen, die Sünde und Schuld, vergeben.
    Sonst nicht!
    Und das Kreuz, es ist das “Mittel zum Zweck” gewesen, zu Opferung des Messis Jeshua. Auf dem Opfertisch im Tempel, wurden ja keine Menschen geopfert.

    • j-glaesser sagt:

      Vergebung ist eine private Sache – Wahrheit und Gerechtigkeit werden davon nicht berührt.

      • Havershalom sagt:

        @j-glaesser
        Shalom, haben Sie für diese Aussage von Ihnen Belege in der Heiligen Schrift, dass Vergebung eine Privatsache ist und das Wahrheit und Gerechtigkeit davon nicht berührt werden?
        Denn im Wort G-ttes(Gebrauchsanweisung für Menschen) steht es anders. Wir sollen dem, der Schuldig an uns geworden ist, unbedingt vergeben.
        Denn sonst kann G-tt uns auch nicht vergeben.
        Egal wie schwer, ja oft ist es fast unmöglich dem Anderen zu vergeben, sollen wir es trotzdem tun. Am besten Jeshua um seine Hilfe bitten, ER erhört Gebete, garantiert! Das habe ich seeehr oft persöhnlich erlebt.
        Es ist uns Menschen so manches nicht möglich, aber G-tt ist alles möglich!
        Shalom,Havershalom

        • j-glaesser sagt:

          Beispiel:
          Wenn Adolf Eichmann für die Ermordung deiner Großeltern verantwortlich war kannst du ihm persönlich / privat seine Schuld vergeben. Das heißt aber nicht, dass die Ermordung der anderen 6 000 000 Juden vergeben ist oder von den Angehörigen der Opfer vergeben ist. Und weil Wahrheit und Gerechtigkeit (Recht / Gesetz) bestehen bleiben – trotz eventueller privater Vergebung – wurde er vom israelischen Gericht zum Tode verurteilt.

  3. Havershalom sagt:

    Teil 2
    ER der Heilige G-tt, Jeshua haMeshiach, wurde stellvertretend für uns Menschen, und für mich, an das Fluchholz genagelt und nahm die Schuld, die Sünde der Menschen auf sich. Alle!
    ER wurde der aller verachtetste Mensch, ER hat ALLES auf sich genommen. Damit wir Menschen endlich Busse tun können und von unserer Sünde und Schuld befreit werden können.
    Nur wenige werden dieses herrliche Angebot annehmen, aber noch ist es Gnadenzeit.
    Baruch haShem – gepriesen sei der HERR.

    • j-glaesser sagt:

      Hat Jesus selber allen vergeben oder bleiben Wahrheit und Gerechtigkeit bestehen solange der Sünder nicht seine Schuld bekennt?
      Matthäus Kapitel 23
      ….. 33 Schlangen! Otternbrut! Wie solltet ihr dem Gericht der Hölle entfliehen? 34 Deswegen siehe, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte; einige von ihnen werdet ihr töten und kreuzigen, und einige von ihnen werdet ihr in euren Synagogen geißeln[16] und werdet sie verfolgen von Stadt zu Stadt, 35 damit über euch kommt alles gerechte Blut, das auf der Erde vergossen wurde, von dem Blut Abels, des Gerechten, bis zu dem Blut Secharjas, des Sohnes Berechjas, den ihr zwischen dem Tempel und dem Altar ermordet habt. 36 Wahrlich, ich sage euch, dies alles wird über dieses Geschlecht kommen. ……

  4. Andrew Manner sagt:

    Ein Physische Kreuz an einer Kette oder sonstwo , ist kein Zeichen dafür, ob Ich rettenden Glauben habe und Jesus Christus mein Herr ist.
    Nein an den Früchten wird man Sie erkennen und an ihrer Demut und ihrem gebrochenen Ich…
    Ja so wie @Havershalom schreibt,
    Beten wir, daß noch viele Menschen Gottes Angebot der Gnade annehmen

  5. Markus Moser sagt:

    Das was Juden von Seitens der Christen erleiden mussten, sagt nichts darüber aus wie Jesus Christus wirklich ist. Die wahre Sicht auf Christus wurde für die Juden damit unerkennbar .
    Möge Gott Gnade geben, dass sie die Person Jesus nicht so sehen wie er von seitens des Christentum auf eine nicht wieder erkennbare Person reduziert wurde.
    Mögen sie den Unterschied sehen zwischen dem sündlosen Messias und einer Sünden beladenen Menschheit.

  6. Serubabel Zadok sagt:

    In der Bibel steht, dass man kein Anstoß zum Ärgernis sein soll. Da die Christen im Land Gäste sind, sollten sie sich dezenter kleiden und mit allem zurück halten, was ein Anstoß zum Ärgernis für die Juden sein könnte. Man muss nicht unbedingt das Kreuz in der Öffentlichkeit tragen. Das steht nirgendwo in der Bibel.

  7. jotfried sagt:

    Die ‘christliche Verehrung des Kreuzes’ ist meines Erachtens ein Fehler deswegen, weil nicht der Tod sondern die Wieder-Auferstehung “am dritten Tage” zu würdigen ist als Ursache dafür, dass das Christentum zu einer Art reformierten Judentums wurde.

    • j-glaesser sagt:

      Wer das sogenannte NEUE TESTANENT liest, wird nirgends eine Verehrung des Kreuzes finden. Die ‘christliche Verehrung des Kreuzes’ ist eine Erfindung der (weltlichen/staatlichen) Kirche und hat nichts mit der sogenannten Urgemeinde zu tun.

  8. j-glaesser sagt:

    Wer das sogenannte NEUE TESTANENT liest, wird nirgends eine Verehrung des Kreuzes finden. Die ‘christliche Verehrung des Kreuzes’ ist eine Erfindung der (weltlichen/staatlichen) Kirche und hat nichts mit der sogenannten Urgemeinde zu tun.

Schreibe einen Kommentar

Israel Today Newsletter

Daily news

FREE to your inbox

Israel Heute Newsletter

Tägliche Nachrichten

KOSTENLOS in Ihrer Inbox

Abonnieren Sie unseren täglichen Newsletter