
Boker Tov liebe Leser!
Wie Sie sicher schon am heutigen Titelbild sehen können, beginne ich den heutigen Tag nicht sehr optimistisch, auch, wenn ich sonst immer versuche, Sie aufzumuntern und positiv nach vorne zu schauen. Die Krise um Corona, in der wir uns noch alle befinden, zeigt uns in fast brutaler Weise, wie gespalten wir hier sind. Ich meine die Spaltung zwischen einer besonders extremen Gruppe des orthodoxen Judentums und dem übrigen Teil des jüdischen Volkes. Dass wir uns in vielen Punkten nicht einig sind, ist allen bekannt. Mehrmals hatte auch ich Ihnen von den Protesten und Straßenblockierungen einer bestimmten Gruppe orthodoxer Juden berichtet. In den Protesten ging es meistens um die Sache mit der Wehrpflicht. Daran haben wir uns leider gewöhnt, was vielleicht ein Fehler ist. Wir haben uns an die Bilder gewöhnt, wo orthodoxe Juden die Straßen blockieren und dann mit Wasserwerfern und berittenen Polizisten vertrieben werden.
Die Coronakrise hat diese Kluft zwischen uns noch weiter vertieft. Es geht um die Einhaltung des Lockdowns und die damit verbundene Anweisung, alle Schulen zu schließen. Der größte Teil im orthodoxen Judentum befolgen diesmal die Anweisungen, auch wenn es ihnen sehr schwerfällt. Dazu müssen wir verstehen, dass es für sie das oberste Gebot ist, die Thora zu studieren. Das geht über alles. Und dies zu untersagen, ist für viele einfach nicht akzeptierbar. Schon während der letzten beiden Lockdowns waren wir Zeugen davon, wie sich einige Thoraschulen den Anweisungen widersetzten und weiter geöffnet blieben. Die Polizei hatte dann oft ein Auge zugedrückt, was von anderen sehr kritisiert wurde. Gleiches Recht für alle hieß es dann. Diesmal, im dritten Lockdown und angesichts der Corona-Mutationen, die die Zahl der am Virus Erkrankten in die Höhe trieb, geht man härter gegen die nicht Einhaltung der Anweisungen vor. Die Öffnungen der Thoraschulen einiger Gruppen des orthodoxen Judentums wurde von der Polizei mit Gewalt verhindert, was dann als Provokation angesehen wurde.

Der Widerstand wurde immer gewalttätiger. Die Polizisten wurden nicht mehr nur als “Nazis” beschimpft. Sie wurden auch mit Eiern und später mit Steinen beworfen. In Ashdod gab es vor einigen Tagen einen regelrechten Straßenkampf vor der Thoraschule. Nach stundenlanger Auseinandersetzung zwischen Polizei und orthodoxen Schülern der Schule wurde der Unterricht fortgesetzt. Der Leiter der Schule warnte die Polizei sogar davor, noch einmal zu versuchen, das Thorastudium zu verhindern.
Und dann gab es einen Vorfall in der orthodoxen Stadt Bnei Brak, die das Fass zum Überlaufen brachte. Orthodoxe Juden entdeckten in einem privaten Auto in Zivil gekleidete Polizisten. Es kam zu einem regelrechten Lynch Versuch.
Das Auto der Polizisten wurde mit Brettern geschlagen, die Scheiben zerbrochen.
Nach diesem Vorfall wurde ein großes Aufgebot von Polizisten in die Stadt Bnei Brak gebracht, um dort für Ordnung zu sorgen. Jeden Tag kommt es dort zu Auseinandersetzungen. Unschöne Bilder werden gezeigt, Polizisten gegen die orthodoxen Juden. Die Bereitschaft zur Gewalt scheint immer größer zu werden, es werden Müllcontainer angezündet und Steine geworfen. Gestern wurde ein ganzer Bus in Brand gesteckt.
Die Bilder der letzten Tage aus Bnei Brak haben mich fast an Unruhen in den arabischen Dörfern erinnert.
Als ich im Fernsehen diese Bilder sah, konnte ich mir den Gedanken nicht verkneifen, dass das härtere Vorgehen der Polizei vielleicht auch etwas mit dem neuen Polizeichef zu tun haben könnte. Er war bis jetzt der Befehlshaber des Grenzschutzes, kennt sich also aus, gegen Unruhen wie diese vorzugehen.
Absoluter Höhepunkt war ein Schuss eines Polizisten in die Luft vor einer protestierenden Menge orthodoxer Juden. Der Polizist soll sich bedroht gefühlt haben, soll der Grund für den Schuss in die Luft gewesen sein.
Heute früh wird im Radio fast nur noch von den Unruhen und unsere Beziehungen zum orthodoxen Judentum gesprochen. Israel sei ein Land mit zwei Völkern, wird dort gesagt. Ich habe keine Ahnung, wie wir diese Kluft schließen können. Hätten wir die orthodoxen Gemeinden in Ruhe lassen sollen, sie einfach abriegeln und machen lassen, was sie wollen? Oder müssen wir auch von den extremen orthodoxen Juden verlangen, dem Gesetz zu folgen? Wir werden auch nach Corona noch viel Arbeit haben. Corona zeigt uns, wie tief die Spaltung unter uns ist. Am Ende möchte ich noch betonen, dass es hier nur um einen kleinen Teil des orthodoxen Judentums geht. Der größte Teil lebt friedlich mit uns und zeigt, dass ein Zusammenleben möglich ist. Die Spaltung besteht also auch innerhalb des orthodoxen Judentums, oder vielleicht besser gesagt, gerade dort.
Ich versuche, optimistisch zu bleiben und befasse mich jetzt lieber erst einmal mit dem Wetter.
Das Wetter für heute in Israel
Auch heute wird meistens die Sonne scheinen, in der Nacht bleibt es weiterhin sehr kalt. Für heute werden folgende Höchsttemperaturen erwartet: Jerusalem 15 Grad, Tel Aviv 17 Grad, Haifa 16 Grad, Tiberias am See Genezareth 20 Grad, am Toten Meer 19 Grad, Beersheva 16 Grad, Eilat am Roten Meer 21 Grad. Der Wasserpegel des See Genezareth ist um einen weiteren Zentimeter gestiegen und liegt jetzt bei – 209.71,5 m unter dem Meeresspiegel. Es fehlen nur noch 91,5 Zentimeter bis zur oberen Grenze!

Und nun wünsche ich ihnen im Namen der gesamten Redaktion von Israel Heute und in Hoffnung auf bessere Tage einen angenehmen Montag. Machen Sie es gut und bleiben Sie gesund.
Schalom aus Modiin!
Israel Heute Mitgliedschaft
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