Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat am Mittwochabend angeordnet, dass Mitglieder seiner Regierung und israelische Parlamentsabgeordnete den Jerusalemer Tempelberg vorerst nicht mehr betreten dürfen. Netanjahu will damit ein Zeichen setzen, damit die Gewalt zwischen Juden und Palästinensern im Heiligen Land nicht weiter eskaliert. Allein am Mittwoch gab es fünf Terrorangriffe, bei denen sieben Israelis zum Teil schwer verletzt wurden (Israel Heute berichtete). Ein Armeesprecher versicherte, die Lage in den Palästinensergebieten sei „unter Kontrolle“.
Netanjahu hatte zunächst nur jüdischen Abgeordneten verboten, das Areal rund um die Al Aksa-Moschee zu betreten. Das führte zu Protesten rechtsgerichteter Abgeordneter. Sie argumentierten, dass vor allem die arabischen Knesset-Mitglieder auf dem Gelände Hassparolen verbreiteten. Daraufhin weitete Netanjahu sein Verbot auf alle Abgeordnete aus.
Die Armee hat vier Bataillone nach Judäa und Samaria verlegt. Die genaue Anzahl der dort eingesetzten Soldaten nennt die Armeeführung nicht. Die Sicherheitsbehörden gehen derzeit davon aus, dass die jüngsten Anschläge von Einzeltätern verübt wurden. Es habe eine Art Dominoeffekt gegeben – Palästinenser hätten die Berichte über die Anschläge in den Medien verfolgt und sich dann entschlossen, selbst zu Terroristen zu werden. Radikale Organisationen hätten dann anschließend behauptet, die Täter hätten in ihrem Auftrag gehandelt.
Bei den Initfadas (Palästinenseraufstände) der 1990er Jahre und von 2000 bis 2005 habe die Palästinenserführung zum bewaffneten Widerstand aufgerufen. Dies sei bisher nicht der Fall. Selbst die radikal-islamische Hamas halte sich mit Taten zurück und habe den massiven Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen nicht wieder aufgenommen.
Der israelische Militärchef Gadi Eisenkot hat bei einem Besuch im sogenannten Westjordanland die jüdischen Siedler aufgefordert, Ruhe zu bewahren und weder Palästinenser noch jüdische Soldaten zu attackieren, wie es in den vergangenen Tagen mehrfach der Fall war.
Die USA zeigten sich in einer Stellungnahme „sehr besorgt“ über die Gewaltausbrüche vom Mittwoch und riefen beide Seiten zur Besonnenheit auf. Niemand dürfe die Stimmung weiter anheizen. Israelische Medien berichten, dass die Amerikaner hinter den Kulissen Druck auf Netanjahu ausüben. Der solle sich von der nationalreligiösen Siedlerpartei von Naftalie Bennett lossagen und stattdessen die liberale Zionistische Union von Oppositionsführer Isaac Herzog und der früheren Justizministerin Zipi Livni in seine Regierungskoalition holen. Dies erhöhe nach Einschätzung des Weißen Hauses in Washington die Chance für ein Friedensabkommen mit den Palästinensern.
Foto: Benjamin Netanjahu gab seine Einschätzung der Sicherheitslage bei einer Pressekonferenz in Jerusalem bekannt. Rechts der amtierende Polizeichef Benzi Sau. Foto: Marc Israel Sellem (Flash 90)
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