
Boker Tov liebe Leser!
Die Pandemie hat in Israel seine Auswirkungen, das ist kein Geheimnis. Sie sind im momentanen zweiten Lockdown weitaus deutlicher spürbar. 900.000 Israelis sind mittlerweile arbeitslos, 66 Prozent davon Frauen. Keiner weiß, wann die Ausgangssperre wieder aufgehoben wird. Anfänglich wurde gesagt, dass die Verordnungen nach dem jüdischen Laubhüttenfest langsam zurückgeschraubt werden sollen. Am Mittwoch dann hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu angekündigt, dass der Lockdown länger dauern wird. Er sprach davon, dass der Lockdown zwischen sechs Monaten bis zu einem Jahr bestehen bleiben werde. Das ist schwer zu fassen, aber die aktuellen Corona-Testergebnisse zeigen, dass knapp 14 Prozent neue Corona-Infizierte registriert wurden. Solange diese Zahl nicht drastisch sinkt, wird der Lockdown nicht gelockert.

Als ich vorgestern im Stadtzentrum im Umkreis unserer Redaktion unterwegs war, war ich schockiert, wie viele Geschäfte um uns herum und besonders in der ehemaligen lebendigen Fußgängerzone Ben-Yehuda-Straße dicht gemacht haben. Auf den staubigen Schaufenstern kleben nun Plakate: „Zu vermieten“. Ein Geschäft nach dem anderen. Jerusalems Stadtzentrum ist menschenleer. Der Anblick ist schlimmer als zur Zeit der zweiten Intifada, die im Sommer 2000 begonnen hatte. Damals explodierten rund um die Uhr israelische Linienbusse in Jerusalem und das vergraulte die Menschen.

Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so viele geschlossene Geschäfte gesehen zu haben. Egal mit wem ich rede, die meisten haben zurzeit die Hoffnung verloren. Nicht weit von unserer Redaktion in der Hillel Straße hatte nun auch Haim der Friseur seinen Salon nach über 20 Jahren geschlossen. „Es hat einfach keinen Sinn mehr, im Stadtzentrum Geschäfte zu mieten. Das Herz von Jerusalem ist tot“, sagte Haim (52) dem israelischen Wochenblatt Jerusalem. Tutti Frutti ist zu, Aldo, Alma Suppen, Sea of Spa, Pizza Romana, Open Kosmetik, Liors und viele andere. Itzik, der über Jahre hinweg tüchtig Hautcreme vom Toten Meer in der Ben-Yehuda-Straße verkaufte, ist auch ausgezogen. „Seit Monaten stehe ich allein im Laden und keiner kommt. Null Touristen. Ich verliere nur Geld“, unterstrich Itzik. Auch er hat heftige Kritik gegenüber der Regierung, die keinen klaren Weg vorlegt, wie den Händlern in Jerusalem in der Notzeit beizustehen sei.

Aber dies ist nicht nur ein Jerusalemer Problem, sondern ein nationales Thema. Die Lage ist nicht leicht und dies spürt man, besonders wenn man mit Freunden aus der Umgebung redet, die den Monat finanziell nicht über die Runden kommen. Das hat Auswirkungen und das tut weh, besonders wenn man sie persönlich kennt.

Jerusalem hat über die Jahrzehnte hinweg immer wieder solche Notzeiten mitgemacht, aber diese scheint schlimmer zu sein. „Das Coronavirus und die weltweite Pandemie haben uns schlimmer getroffen als die palästinensischen Terroranschläge“, sagte mir der Falafelverkäufer, bei dem ich ab und zu meine Falafel kaufte. Nun steht er neben seinem Laden und zieht auch aus. Keiner sieht das Ende, und dies lässt viele, mit denen ich gesprochen habe, in Depressionen versinken. Und das ist nur im Radius unserer Redaktion im Stadtzentrum. Dass wir trotz all der neuen Umstände in der Redaktion oder von zu Hause arbeiten können, ist ein Geschenk Gottes. Aber ich möchte glauben und hoffen, dass Israel auch diese Zeit überstehen wird, so wie es die schrecklichen Jahre der Intifada überlebte. Am Ende wird alles gut, die Frage ist immer nur, wie lange müssen wir darauf warten.

Das Wetter für heute in Israel
Teilweise bewölkt bis heiter mit einem weiteren leichten Rückgang der Temperaturen. Im Norosten des Landes können ein paar Regentropfen fallen. Für heute werden folgende Höchsttemperaturen erwartet: Jerusalem 26 Grad, Tel Aviv 29 Grad, Haifa 26 Grad, Tiberias am See Genezareth 32 Grad, am Toten Meer 32 Grad, Beersheva 30 Grad, Eilat am Roten Meer 34 Grad. Der Wasserpegel des See Genezareth ist am Wochenende um zwei Zentimeter gesunken und liegt jetzt bei – 209.77 m unter dem Meeresspiegel angegeben. Es fehlen 97 Zentimeter bis zur oberen Grenze!
Die Redaktion von Israel Heute wünscht Ihnen einen angenehmen Sonntag. Machen Sie es gut.
Schalom aus Jerusalem!
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