Die Geiseln im Gazastreifen sind das wahre Problem

„Die Hamas wird nicht nur mit der israelischen Regierung sprechen, sondern auch direkt mit den Familien der Entführten.”

von Aviel Schneider | | Themen: Hamas, Gazastreifen, Krieg in Israel
Familien von Geiseln trauern um ihre Angehörigen. Foto von Tomer Neuberg/Flash90
Familien von Geiseln trauern um ihre Angehörigen. Foto von Tomer Neuberg/Flash90

199 israelische Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt. Dies ist die jüngste Zahl, die Israels Armeesprecher heute Mittag angegeben hatte. Gesamte Familien, Babys, junge und alte Menschen, Kinder, Geschwister und Soldaten, von denen man bisher nichts gehört hat. Zudem entführten die Terroristen auch 150 Ausländer, um etwa 150 an der Zahl. Das war unabsichtlich und könnte der Hamas mit den westlichen Regierungen zur politischen Falle werden. Diese Menschen arbeiteten entweder in den Kibbuzim oder tanzten mit den jungen Israelis im Musikfestival Nova.

Es dauerte Tage, bis irgendwelche Zahlen offiziell angegeben wurden. Über die zahlreichen Videos und Fotos palästinensischer Kanäle war uns schon relativ früh bewusst, dass zahlreiche Israelis in den Gazastreifen entführt worden waren. Von Touristen hatte keiner von uns Ahnung, außer bei einigen Videos, in denen wir Thailänder auf Motorrädern sahen, die von zwei Terroristen verschleppt wurden. Oder wie ein Thailänder im Kibbuz mit einer Schaufel enthauptet wurde.
Bilder der Vermissen.
Bilder der Vermissten.

In einer solchen Situation war Israel noch nie und die Befreiung der Geiseln ist komplizierter denn je. Geheimdienstexperten sind sich sicher, dass die Hamas sogar selbst überrascht ist – „Keiner hat damit gerechnet hunderte Geiseln in den Gazastreifen zu verschleppen“. Geiselaustausch zwischen Soldaten ist einfacher und hat Regeln. Dafür setzt sich das Internationale Rote Kreuz ein. Aber diesmal handelt es sich um Zivilsten. Schon während den ersten zwei Tagen übermittelte Israel über Ägypten und Katar, dass Hamas für die Sicherheit und das Wohlergehen der Geiseln verantwortlich ist. Es wird in Israel ankommen, dass es einen Unterschied zwischen älteren Menschen und Kindern und jungen Menschen gibt, und Gott bewahre zwischen Leichen und lebendigen Soldaten. In Verhandlungen ist das in jeder Hinsicht etwas ganz anderes.

Das Chaos in den ersten Tagen machte es unmöglich einen Überblick zu bekommen. Niemand wusste so richtig bescheid, ob die Vermissten tot sind, in den Krankenhäusern behandelt werden, oder wohin in den Gazastreifen sie verschleppt wurden. Erst in den folgenden Tagen, nachdem die israelischen Streitkräfte wieder die Herrschaft am Gazastreifen zurückgewonnen hatten, wurden allmählich auf den Feldern und in den Büschen tote Menschen gefunden. Diese Leichname wurden von oben mit Drohnen entdeckt. Mit jedem Tag wurde das Maß der terroristischen Gräueltaten größer und größer. In den israelischen Medien flehten die Familienangehörige um Hilfe, aber in der Regierung war anfänglich niemand ansprechbar. Nicht nur das, es gab nicht einmal ein Amt, dass sich um die hunderten Familienangehörigen kümmerte und Hilfe anbot.

Angehörige von Zivilisten, die von der Terrororganisation Hamas entführt wurden, halten eine Pressekonferenz in Tel Aviv ab, 14. Oktober 2023. Foto von Avshalom Sassoni/Flash90
Angehörige von Zivilisten, die von der Terrororganisation Hamas entführt wurden, halten eine Pressekonferenz in Tel Aviv ab, 14. Oktober 2023. Foto von Avshalom Sassoni/Flash90

Die einzigen, die ihre Not weiter vermittelten waren die Medien. Jede Familie erzählte eine erschütternde Geschichte. Am Militärhauptquartier in Tel Aviv ist ein Vater-Protest schnell zu einer Massendemonstration angeschwollen, bei der die Familien die sofortige Rückkehr ihrer Angehörigen forderten. Avichai Brodetz, dessen Frau und drei Kinder während des schwarzen Schabbatmorgen von Terroristen aus Kibbuz Kfar Azza in den Gazastreifen entführt wurden, setzte sich auf einem Plastikstuhl vor dem israelischen Militärhauptquartier in Tel Aviv und bleibt dort, bis seine Familie freigelassen wird. Bis 11 Uhr vormittags hatten sich mehrere Dutzend Menschen angeschlossen. Innerhalb weniger Stunden war die Straße voll mit wütenden Demonstranten, die sich um ihre vermissten Angehörigen sorgten. „Wir sind hier und werden nicht gehen, bevor sie nicht alle Geiseln zurückgebracht haben“, sagte eine Frau zu ihrer Freundin, beide schluchzten.

Erst gestern, Sonntagabend traf Premierminister Benjamin Netanjahu zum ersten Mal mit den Familien der vermissten und gefangenen Israelis zusammen. Die Angehörigen kritisierten scharf, dass die Regierung die im Gazastreifen festgehaltenen Personen im Stich gelassen habe. In einer Erklärung im Anschluss an das Treffen erklärte ein Familienforum der verschleppten Israelis, dass Netanjahu ihnen versprochen habe, sich für ihre schnellstmögliche Rückkehr einzusetzen. „Netanjahu sagte den Familien, dass eines der Ziele des Krieges die Rückkehr der Gefangenen und Vermissten sei“, so das Familienforum. Doch am Samstagabend sagte der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Tzachi Hanegbi, dass „Israel keine Verhandlungen mit einem Feind führen wird, den wir geschworen haben, vom Angesicht der Erde zu tilgen“.

Länder, aus denen Ermordete und Entführte stammen.
Länder, aus denen Ermordete und Entführte stammen.

Dafür ernannte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Ex-Brigadegeneral Gal Hirsch zum Beauftragten der Regierung für vermisste und entführte Bürger. „Derzeit sind wir damit beschäftigt, die Situation zu verstehen und arbeiten mit aller Kraft daran, einen wirksamen Mechanismus zu schaffen, eine Adresse für alle Familien, die um das Schicksal ihrer Angehörigen besorgt sind. Wir befinden uns mitten in einem schwierigen Krieg; die Kämpfe gehen weiter und werden weitergehen. Es gibt eine große Zahl von Vermissten und Gefangenen, die vom Feind festgehalten werden.“

Die Cousine von Shani Louk, die von Hamas-Kämpfern in den Gazastreifen entführt wurde, spricht vor dem Stützpunkt des Heimatfrontkommandos in Ramle zu den Medien, 15. Oktober 2023. Foto von Avshalom Sassoni/Flash90
Die Cousine von Shani Louk, die von Hamas-Kämpfern in den Gazastreifen entführt wurde, spricht vor dem Stützpunkt des Heimatfrontkommandos in Ramle zu den Medien, 15. Oktober 2023. Foto von Avshalom Sassoni/Flash90

„Niemand kann sich an eine solche Situation erinnern, weil es so etwas noch nie gegeben hat“, sagte Uri Slonim, ein anerkannter Rechtsanwalt, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema Geiselaustausch beschäftigt. „Dieses Problem bezieht sich auf Israels Gegenangriff im Gazastreifen. Die IDF muss wissen, dass die israelischen Geiseln sofort an verschiedene Orte im Gazastreifen verteilt werden, um diese als menschliche Schutzschilder gegen die israelische Bombardierung zu verwenden.“ In der Zwischenzeit muss die Regierung ein System und ein Team für die Familien der Vermissten und Entführten organisieren. Es darf auf keinen Fall dazu kommen, dass es Geiseln gibt, von denen wir nichts wissen. Und ein weiterer Punkt ist der psychologische Krieg, den die Hamas führen wird. „Die Hamas wird nicht nur mit der israelischen Regierung sprechen, sondern auch direkt mit den Familien der Entführten, um zusätzlichen Druck zu erzeugen. Dieses Problem wird so langwierig und komplex sein, wie wir es noch nie erlebt haben“, warnte Slonim. Schon jetzt ist uns bekannt, dass Terroristen mit den Familienangehörigen direkten Kontakt über die Telefone der Geiseln aufgenommen haben.

Israelische Soldaten stehen am 15. Oktober 2023 im Kibbuz Kfar Aza, nahe der Grenze zwischen Israel und Gaza, im Süden Israels, vor der von Hamas-Kämpfern verursachten Zerstörung. Foto von Chaim Goldberg/Flash90
Israelische Soldaten stehen am 15. Oktober 2023 im Kibbuz Kfar Aza, nahe der Grenze zwischen Israel und Gaza, im Süden Israels, vor der von Hamas-Kämpfern verursachten Zerstörung. Foto von Chaim Goldberg/Flash90

Darüber hinaus muss sich Israel auch eine operative Alternative überlegen, wie zum Beispiel die gesamte Hamasführung, die aus Katar die Befehle im Gazastreifen vermittelt, zu entführen und als Geiselaustausch für die israelischen Geiseln zu verwenden. Die ausländischen Geiseln wird Hamas eher freilassen, um damit den politischen Druck aus dem Westen loszuwerden. Oder kann es sein, dass die westlichen Regierungen nur einem kollektiven Geiselaustausch zustimmen, einschließlich der israelischen Geiseln?  Übrigens, der jetzige Hamas-Machthaber im Gazastreifen ist Yahia Sinwar, der in israelischer Haft war und zusammen mit 1026 anderen palästinensischen Gefangenen als Austausch gegen den israelischen Soldaten Gilad Schalit im Oktober 2011 freigelassen wurde. Die Geiseln im Gazastreifen sind nach dem Krieg das wahre Problem, oder Israel löst das Problem mit den Geiseln innerhalb des Kriegs.

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Eine Antwort zu “Die Geiseln im Gazastreifen sind das wahre Problem”

  1. Andrew Manner sagt:

    Dürfte sehr schwierig werden. Aber mit Vertrauen und Glaube an Gott ist alles möglich. Ich glaube auch nicht, daß Armee und Geheimdienst ihre Strategie ausplaudern werden. Die haben noch einiges in der Hinterhand!

    Immanuel!
    Glaube Nur!

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