
„Israel bereitet sich auf einen Krieg vor, den wir seit Jahren nicht mehr erlebt haben“, so Israels Ex-Brigadegeneral Amir Avivi, Gründer und Geschäftsführer des IDSF (Israels Defense and Security Forum). „Dies ist eine Übung, die eine lange Ära in Israel beenden wird, in der die israelische Verteidigungsarmee nur Luxuskriege genossen hat.“ In den letzten Jahren trainiert Israels Armee in verschiedenen Variationen einen Mehrfrontenkrieg.
In der vergangenen Woche begann eine große taktische Übung, die voraussichtlich zwei Wochen lang dauern und einem Mehrfrontenkrieg ähneln wird. In einem Gespräch im israelischen Rundfunk erklärte der Ex-General die neue Situation und warum sich Israels Armee dringend vorbereiten muss. „Dies ist ein historisches Manöver, das eine sehr lange Ära seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973 beendet, in der Israels Armee nur Luxuskriege führte, in Schauplätzen wie dem Gazastreifen, Judäa und Samaria oder einem punktuellen Krieg im Libanon“, unterstrich Avivi.

„Die IDF konfrontiert zum ersten Mal nach vielen Jahren eine gefährliche Mehrfrontensituation im Nahen Osten, die sich bis in den Iran ausstreckt. Mit etlichen komplexen Kampfzonen im Libanon und Syrien, in Judäa und Samaria sowie im Gazastreifen. Aufgrund der Raketen wird dieser Krieg eine große Herausforderung für das Heimatfrontkommando sein.“
Avivi zufolge kommen bei solchen umfangreichen Übungen sowohl Kreativität und Mut als auch komplexe Dilemmas der Prioritätensetzung und des Einsatzes von Kräften in einer Mangelsituation zum Ausdruck. „Die israelische Armee hat viele Jahre lang nicht in der Realität operiert, in der sie sich eines Tages befinden wird, in wahrer Not. Das sind große Kriege, in denen man sehr kreativ sein muss. Was wir dringend brauchen und der IDF seit Jahren fehlt, ist eine neue Moral oder Motivation.“

Nicht vor langer Zeit warnte Israels Sicherheitsexperte und Ex-Generalmajor Yitzhak Brick, Israel sei auf einen regionalen Krieg nicht vorbereitet. Dies legte er in einer Rede vor dem anerkannten Institut für nationale Sicherheitsstudien vor. Sein Kollege Amir Aviv sieht das ein wenig anders: „Ich denke, das ist eine falsche Aussage. Die richtige Definition ist, dass ein Mehrfrontenkrieg dieser Größenordnung, auf den sich Israels Streitkräfte jetzt vorbereiten müssen, wirklich ein sehr schwieriger Krieg sein wird, der typisch für vergangene Kriege ist. Das haben wir seit vielen Jahren nicht mehr erlebt.“ Zu der Frage, ob Israels Armee einen Krieg an mehreren Schauplätzen bewältigen könnte, antwortete Avivi: „Ich denke, Israels Streitkräfte können damit umgehen, auch die israelische Gesellschaft im Hinterland. Es stimmt, dieser Krieg wird nicht leicht sein.“
In den arabischen Medien, darunter Al Mayadeen, prangten Schlagzeilen wie: „Israel ist in der schlimmsten Sicherheitsperiode seit Jahrzehnten, Armee nicht auf Krieg vorbereitet“. Der pensionierte israelische Generalmajor Brick erklärte, die Verweigerung des Dienstes in der Armee durch Reservisten, die gegen die Justizreform sind, könnte zu interner Spaltung, Zusammenbruch des Zusammenhalts und Verlust des ‘Kampfgeistes’ führen.

Laut allen Prognosen nähert sich Israel solch einem Szenario, in dem Israel zahlreiche Fronten gleichzeitig verteidigen muss. „Aus diesem Grund trainiert Israel dieses Szenario jetzt im Manöver Faustschlag, denn es könnte in nicht zu ferner Zukunft dazu kommen. Ob morgen früh? Nein. Das hat Konsequenzen und die andere Seite versteht das auch. Für eine Miliz wie Hisbollah könnte dieser Mehrfrontenkrieg beispielsweise auch das Ende sein. Daher ist das keine leichte Entscheidung.“
Das erklärt die jüngste Ankündigung des Verteidigungsministeriums und der Armee über die neue Schildkuppel im Meer, ein Äquivalent des Raketenabwehrsystems Eisenkuppel auf dem Land. Deshalb ist die Seeverteidigung mit dem Manöver verbunden. Die Ankündigung ist laut Avivi kein Zufall und hängt mit der Frage nach dem Grad der Bereitschaft und Relevanz des Truppenaufbaus zusammen. „Letztendlich verstehen wir, dass eine der Komponenten des Mehrfrontenszenarios Mehrfrontenkrieg nicht die Panzerdivisionen sind, die Israels Grenzen wie im Jom-Kippur-Krieg stürmen, sondern der Abschuss von Raketen, Flugkörpern und unbemannten Flugzeugen auf Israel.“
Brick wies darauf hin, dass Israel von 200.000 Raketen und Angriffsdrohnen umgeben ist, die alle eine Bedrohung für seine Existenz darstellen. „Im Falle eines Krieges werden im Durchschnitt täglich etwa 3000 Raketen und Dutzende von Drohnen auf Israel abgefeuert. In einem Mehrfrontenkrieg würden die Angriffe innerhalb eines Tages zur Zerstörung von über 150 Anlagen führen können“, so Brick.
Eine iranische Bedrohung auf dem Meer ist Israel seit über einem Jahr bekannt, aber kürzlich hat Israels Verteidigungsminister Yoav Galant öffentlich darüber gesprochen. Die Marine der iranischen Revolutionsgarde arbeitet daran, Handelsschiffe und Öltanker in Kriegsschiffe umzuwandeln, die UAVs (unbemanntes Luftfahrzeug) tragen und abfeuern können. Diese Schiffe, die auch unter ziviler Tarnung sein können, haben das Potenzial, internationale Schifffahrtsrouten zu passieren, wie zum Beispiel im Mittelmeer, wie auch via Suezkanal. Das gefährdet den gesamten europäischen Kontinent. Bestimmte UAVs und Kamikazedrohnen in begrenzter Anzahl können sogar von einem gewöhnlichen Handelsschiff aus abgefeuert werden. Die ganze Kriegstaktik ändert sich und dafür bereitet sich Israel vor. „Ein Raketenabwehrsystem wie Iron Dome auf ein Schiff zu bringen ist eine sehr komplexe Herausforderung, denn das Schiff bewegt sich und bleibt nicht an einer Stelle.“

Aus diesem Grund trainiert Israel in den letzten Jahren häufiger als üblich große Manöver für einen Mehrfrontenkrieg. Wie heißt das Motto junger Soldaten in der israelischen Armee: „Schwer im Training, leicht im Kampf!“
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