Oberste Priorität: Reformen im Justizsystem

„Wir gehen wählen, und immer wieder werden Entscheidungen für uns von Leuten getroffen, die wir nicht gewählt haben!“

von Aviel Schneider | | Themen: Oberster Gerichtshof, Wahlen
Gefährdet der Oberste Gerichtshof Israels Demokratie?
Gefährdet der Oberste Gerichtshof Israels Demokratie? Foto: Yonatan Sindel/Flash90

„Wir gehen wählen, und immer wieder werden Entscheidungen für uns von Leuten getroffen, die wir nicht gewählt haben!“ Die Worte des neuen israelischen Justizministers Yariv Levin auf der gestrigen Pressekonferenz in der Knesset haben sicherlich den Nerv vieler Israelis getroffen. Doch es gibt Gegenstimmen.

„Viele schauen zur Justiz auf, aber ihre Stimmen werden nicht gehört“, mahnte Levin. „Das ist keine Demokratie. Ich beschäftige mich seit über 20 Jahren mit diesem Thema, ich habe vor den Gefahren der ‘Verrechtlichung’ gewarnt und Vorschläge und Reformen formuliert. Leider sind die Risiken, vor denen ich gewarnt habe, eingetreten. Daher ist es an der Zeit zu handeln. Heute leite ich die erste Phase der Reform der Staatsführung ein, deren Ziel es ist, die Demokratie zu stärken sowie die Staatsführung, das Vertrauen in das Justizsystem und das Gleichgewicht zwischen den drei Regierungszweigen wiederherzustellen.“

Justizminister Jariv Levin legt sich mit den obersten Richtern des Landes an.

Parallel dazu hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angekündigt, dass seine Regierung Reformen durchführen werde, die das „richtige Gleichgewicht zwischen den drei Gewalten gewährleisten“. Natürlich werden die Justizreformen der rechtsreligiösen Regierung von der Opposition und dem Justizsystem heftig kritisiert. Alle reden von einer Vernichtung der Demokratie. Der Regierung wird vorgeworfen, dass die umstrittenen Reformen grundsätzlich nur Benjamin Netanjahu und seinem Gerichtsverfahren dienen. Das Justizsystem und Israels Oberster Gerichtshof sind linksgerichtet und aktiv, man will Netanjahu aus der Politik verdrängen. Dies versteht die Mehrheit der rechten Wähler. Und mit den Reformen drängt Netanjahu das Rechtssystem in eine Sackgasse, womit der Druck auf sein Gerichtsverfahren nachlassen würde. So wird der Fall jedenfalls in einfachen Worten von den Linken dargestellt.

Nach Ansicht des Oppositionsführers Yair Lapid hat Justizminister Levin die Ankündigung des Plans der Regierung, die israelische Justiz politisch zu kontrollieren, zeitlich so gelegt, dass er Einfluss auf eine heutige Anhörung nehmen kann, bei der es um die Angemessenheit des jüngsten Gesetzes geht, das dem Schass-Parteichef Arie Deri den Weg ins Kabinett ebnen könnte. Ein Ministerposten in der Knesset galt für Deri bislang aufgrund seiner ihm vorgeworfenen „moralischen Verwerflichkeit“ als eher unwahrscheinlich, und darüber soll nun entschieden werden.

Wird Arie Deri seinen Ministerposten erhalten?

„Wie eine Verbrecherbande hat die Regierung am Tag vor der Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof über das Deri-Gesetz eine geladene Waffe auf den Tisch gelegt“, kommentierte Yair Lapid. In der vergangenen Woche hat die neue Koalition eine Grundgesetzänderung verabschiedet, die es dem Schas-Parteichef Deri ermöglicht, Minister zu werden, obwohl er kürzlich wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde. Lapid versprach, den Wahnsinn von Levins weitreichendem Plan zu bekämpfen, der politische Kontrolle über die israelische Justiz vorsieht, und sagte, dass sein Block die Reformen rückgängig machen werde, wenn er an die Macht zurückkehrt.

In seiner gestrigen Rede stellte Yariv Levin seine Maßnahmen vor, die die Befugnisse der Richter einschränken sollen, darunter eine Überarbeitung der Zusammensetzung des Richterwahlausschusses und ein Gesetz zur Aufhebung von Urteilen des Obersten Gerichtshofs. Er machte deutlich, dass die israelische Anwaltskammer ihre Vertretung im Richterwahlausschuss, der die Richter an israelischen Gerichten ernennt, an zwei Staatsdiener verlieren wird. Mit anderen Worten, die Repräsentanten des Volkes sollen mehr mitbestimmen können, wer ein Richter in Jerusalem ist und wer nicht. Bisher war das nicht der Fall und die Richterwahl war eher vom System geregelt worden. Auch soll ein Gesetz verabschiedet werden, das es der Legislative ermöglicht, Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs mit einer Mehrheit von 61 Stimmen in der 120 Sitze zählenden Knesset außer Kraft zu setzen.

Schließlich kündigte Levin an, er werde dem Gericht verbieten, einen Test der Angemessenheit zu verwenden, um Regierungsentscheidungen zu beurteilen, da es so etwas wie Angemessenheit nicht gebe. Nach Levins Auffassung sollte sich der Oberste Gerichtshof in erster Linie mit der Beilegung von Streitigkeiten sowie mit straf- und zivilrechtlichen Berufungen befassen und nicht das Volk durch seine Vertreter in der Knesset und in der Regierung ersetzen. Levin befürwortet auch die Transparenz von Gerichtsverfahren bei Petitionen zu öffentlichen Angelegenheiten, einschließlich Live-Übertragungen von Anhörungen des Obersten Gerichtshofs.

Die Reformen im Justizsystem werden uns in nächster Zeit sehr beschäftigen. Rechts und Links werden sich darüber wie noch nie zuvor streiten. Zwei verschiedene Weltanschauungen prallen aufeinander, die Israels Charakter für die Zukunft bestimmen. Die Rechten stehen hinter den Reformen und sehen darin eine Stärkung der Demokratie, die Linken dagegen befürchten das Ende der Demokratie.

Mitglieder der Bewegung
Mitglieder der Bewegung “Im Tirzu” protestieren in Jerusalem vor dem Haus des Obersten Richters Menny Mazuz gegen die Entscheidung, das Haus des palästinensischen Terroristen, der den israelischen Soldaten Amit Ben Yigal ermordet hat, nicht zu zerstören.

3 Antworten zu “Oberste Priorität: Reformen im Justizsystem”

  1. hdfuerst sagt:

    Über Gesetze muss in der Knesset abgestimmt werden. Gesetze dürfen nicht von Einzelpersonen aufgestellt und verwirklicht werden. Es müssen Grundgesetze aufgestellt werden, die auch der Tora nicht widersprechen.

  2. Serubabel Zadok sagt:

    Also jedes Haus von einem Terroristen, der einen Juden umgebracht hat, muss zerstört werden. Jeder Richter, der das verhindert, muss eliminiert werden und sein Haus zerstört werden. Das ist Hochverrat am eigenen jüdischen Volk. Das hat nichts mehr mit linker Politik zu tun. Solche Volksverhetzer und Hochverräter sind eine große Sicherheitsgefahr für die Allgemeinheit.

  3. hdfuerst sagt:

    Zu behaupten, die neue Regierung sei nicht demokratisch, ist eine plumpe Lüge. Das Gegenteil ist der Fall, die Mehrheit der Israelis hat ihr geholfen, gut zu regieren.
    Die Gegner sollten sich schämen, solche Verdrehungen zu verbreiten.

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