
Kohelet, das Forum der Prediger, weist Medienberichte zurück, wonach es die Rechtsreformen wegen der tiefen Spaltung im Volk stoppen wolle. Der Bericht in N12 sei kategorisch falsch, so die Denkfabrik. Kohelet habe die Regierungskoalition nicht aufgefordert, die Justizreform aus diesem Grund zu stoppen. Gleichzeitig erhielten vor wenigen Tagen Dutzende Richter in Israel vom Kohelet Forum ein Buch mit dem Titel „Legislative Interpretations in Israel“ (Gesetzliche Interpretationen in Israel) mit einem persönlichen Anschreiben auf ihren Schreibtisch. „Das Buch enthält einen historischen Rückblick sowie eine normative und kritische Analyse der in Israel vorherrschenden Methode der Gesetzesauslegung“, heißt es in dem vom Forum verfassten Brief. „Wir hoffen, dass Sie das Buch interessant finden.“
Vor einigen Monaten berichteten wir, dass hinter den ideologischen Grundlagen der Reformen zur Neugestaltung des israelischen Rechtssystems eine rechts-religiöse Denkfabrik namens Kohelet steht. „Das Kohelet Politikforum ist bestrebt, die Zukunft Israels als Nationalstaat des jüdischen Volkes zu sichern, die repräsentative Demokratie zu stärken und die individuelle Freiheit und die Prinzipien der freien Marktwirtschaft in Israel auszuweiten“, stellt sich das Forum offiziell auf seiner Homepage vor. Forum Kohelet trägt den biblischen Namen des Buches der Prediger. Die ersten Worte des Königs Salomo lauten: „Eitel und vergänglich, sagt der Prediger. Nichtig und vergänglich ist alles. In der hebräischen Umgangssprache werden diese Worte mit „Alles ist Unsinn“ übersetzt.
Justice Mininster Yariv Levin’s judicial overhaul was apparently written by the Kohelet Policy Forum, one of the best-funded research institutes in Israel, which advances nationalist, libertarian policies – and is funded by two American billionaireshttps://t.co/UozB3RAPjT
— Jana Ben-Moshe🟣SameOnPost/Mastod./Spoutib. (@jb_in_motion) January 17, 2023
Tweet: Justizminister Yariv Levins Justizreform wurde offenbar vom Kohelet Policy Forum verfasst, einem der bestfinanzierten Forschungsinstitute Israels, das eine nationalistische, libertäre Politik fördert – und von zwei amerikanischen Milliardären finanziert wird
Vor etwa einer Woche berichtete N12, dass hochrangige Beamte der in Jerusalem ansässigen Denkfabrik in den vergangenen Tagen Konsultationen mit Ministern und anderen Politikern der Koalition geführt und sie aufgefordert hätten, die Justizreform zugunsten der unumstrittenen Gesetze dringend zu stoppen. „Der Schaden ist größer als der Nutzen“, sollen Mitglieder von Kohelet N12 in privaten Gesprächen gesagt haben. „Wir müssen damit aufhören, denn das Volk ist völlig gespalten, die Armee hat Schaden genommen und die Gesellschaft ist geschädigt.“ Der israelische Justizminister Yariv Levin zeigte sich von dem Bericht schockiert und kritisierte den angeblichen Sinneswandel von Kohelet. Die konservativ ausgerichtete Organisation hatte sich in der Vergangenheit für die Notwendigkeit einer Justizreform ausgesprochen. Wenige Tage später veröffentlichte das Kohelet Forum in den israelischen Medien einen Artikel, in dem es diese Äußerungen dementierte.
Man muss das so verstehen: Auch wenn N12 von der Koalition als linkes Medienwerk verunglimpft wird, weiß ich, dass Yaron Avraham von N12 sich diese Zitate nicht selbst ausgedacht hat. Man muss die Dynamik verstehen. In der Denkfabrik haben Schlüsselfiguren mit Avraham darüber gesprochen und er hat sie zitiert, ohne ihre Namen zu nennen. Als die Regierungskoalition daraufhin heftige Kritik an der Aussage der „Prediger“ übte, machten sie einen Rückzieher und erklärten, das sei kategorisch falsch. Schuld seien die linken Medien des Landes, die nur „Fake News“ berichteten. Tatsache ist jedoch, dass die Mitglieder des Forums tatsächlich erkennen, dass ihre Strategie, die israelische Politik und die jüdische Gesellschaft zu verändern, Israel „mehr schadet als nützt“.
Im Juli kritisierte sogar Dr. Michael Sarel, Leiter des Kohelet Wirtschaftsforums, in einem Fernsehinterview mit dem Knessetsender das ursprüngliche Paket der Reformvorschläge. „Es ist möglich, dass die gegenwärtige Situation des Justizsystems nicht gut ist, was aber nicht bedeutet, dass die vorgeschlagenen Reformen hervorragend sind. Sie haben viele Fehler und können zu einer ernsthaften Beschädigung der Gewaltenteilung führen und 61 Mitgliedern der Knesset absolute Macht geben“.

Darüber hinaus kündigte der amerikanische Milliardär Arthur Dantchik vor wenigen Tagen an, das Forum Kohelet nicht länger finanziell zu unterstützen. „Im Laufe meines Lebens habe ich eine Reihe von Organisationen unterstützt, die individuelle und wirtschaftliche Freiheiten für alle fördern“, sagte Dantchik (65) der israelischen Wirtschaftszeitung Calcalist. „Aber wenn eine Gesellschaft gefährlich gespalten ist, müssen die Menschen zusammenkommen, um die Demokratie zu bewahren. Ich habe aufgehört, an Denkfabriken in Israel zu spenden, darunter auch an Kohelet. Ich glaube, dass es in dieser Zeit für Israel am wichtigsten ist, sich auf Heilung und nationale Einheit zu konzentrieren“, sagte Dantchik, ein wichtiger Spender und Mitbegründer der Susquehanna International Group. Das Predigerforum lehnte eine Stellungnahme ab.
Das Kohelet Forum war jahrelang ein Akteur hinter den Kulissen der israelischen Politik, der Papiere und Gesetzesentwürfe mit libertären Tendenzen verfasste. Doch die Tage, an denen das Forum im Hintergrund blieb, waren vorbei, als die neue Regierungskoalition unter Premierminister Benjamin Netanjahu im Januar ankündigte, sie wolle die Gesetzesreformen durchsetzen, die das Forum über Jahre hinweg im Detail ausgearbeitet hatte.
Das Buch Kohelet (Prediger) ist in seinem Stil einzigartig und stellt die Frage nach dem Sinn des Lebens. Kohelet unterscheidet sich grundlegend von den anderen Büchern der Bibel, da es sich nicht auf Konzepte wie Heiligkeit, Spiritualität und religiöses Engagement bezieht. Der hebräische Name Kohelet (קֹהֶלֶת) bedeutet Gemeindeleiter oder Versammlungsleiter und leitet sich vom hebräischen Wort Kahal (קהל) ab, was so viel wie Publikum bedeutet. Daraus wurde in deutschen Bibelübersetzungen der Name Prediger. Im Ausland bezeichnen viele Ausleger das Buch als pessimistisch und negativ und meinen deshalb, es könne kein inspiriertes biblisches Buch sein. Aber das ist falsch! In Israel gilt der Prediger als ein faszinierendes Buch, als ein Buch der Philosophie über unser Dasein auf dieser Erde. Auch wenn König Salomo in Kohelet nicht ausdrücklich erwähnt wird, so deutet der Text doch auf seine Person hin. „Ich, Kohelet, war König über Israel zu Jerusalem“, und davor heißt der erste Vers des Buches: „Die Reden Kohelets, des Sohnes Davids, des Königs zu Jerusalem“.
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