

Dov Eilon
Gestern wollten wir eigentlich Simchat Tora, das Fest der Freude über die Tora, feiern. Doch es wurde ein trauriges Fest, das traurigste Fest, das wir jemals erlebt haben.
Der Tag begann um 6:30 Uhr morgens. Mein Handy machte einen enormen Krach. „Wir haben doch Schabbat und Feiertag, ich habe doch gar keinen Wecker gestellt“, wunderte ich mich, als ich erschrocken aus dem Bett sprang. Mein Handy war weiter am Klingeln. Es war meine „Red Alert“ App, die mich vor Raketen aus dem Gazastreifen warnte. Ich bekam das Handy nicht unter Kontrolle, immer wieder erschallte dieser unangenehme Warnton. Ich schaltete das Radio ein, um sicherzugehen, dass die App korrekt funktioniert. Und tatsächlich, auch im Radio wurden pausenlos die Raketenalarme weitergegeben.
Da es noch sehr früh am Morgen war, gab es noch keine Meldungen in den Nachrichten. Im Fernsehen gab es, wie immer am Schabbat und Feiertagen, Wiederholungen von Sendungen zum Fest.
Während auf dem Bildschirm die Orte angezeigt werden, wo Raketenalarm ausgelöst wurde, wurde das Lied „Schabbat am Morgen, ein schöner Tag…“ gesungen.
Da ich noch nicht ganz wach war, war ich wenig verwirrt. „Warum gibt es keine Nachrichten über die Raketen?“, dachte ich, als ich plötzlich mehrere starke Bumme hörte, die sogar unsere Fenster zum Wackeln brachten. Endlich wach, ging ich schnell in das Zimmer unseres Sohnes, das gleichzeitig auch unser Sicherheitsraum ist, um die Eisentür am Fenster zu schließen.
Dann wachte auch meine Frau auf, die zunächst nicht verstand, warum ich so aufgeregt war.
Ehrlich gesagt fehlen mir die Worte, meine Eindrücke zu beschreiben über die vielen grausamen Bilder, die uns im Fernsehen und vor allem in den Netzwerken gezeigt wurden. Es gab Raketenalarme ohne Pause, der Bildschirm war ständig orange mit den ganzen Warnungen vor Raketen. Meine Familie und ich waren sprachlos.
Wie konnte Israel derartig überrascht werden? Wie kann es sein, dass Dutzende von Terroristen ohne Behinderungen durch die Straßen der Stadt Sderot fahren und frei um sich schießen konnten? Wo war die Armee, die Polizei?
Just surreal! Footage of Palestinian Hamas terrorists who infiltrated into Israel from Gaza, firing at residents in Sderot from an SUV. pic.twitter.com/ffUO5XwG1I
— Arsen Ostrovsky (@Ostrov_A) October 7, 2023
Terroristen in den Straßen von Sderot, ich war schockiert.
Im Fernsehen wurden Telefongespräche gesendet, in denen verängstigte Bürger in Orten im Süden um Hilfe flehten, während die Terroristen durch das Haus gingen, um nach den Bewohnern zu suchen. Schrecklich.
Wir saßen sprachlos im Wohnzimmer. Meine Frau erwähnte die Überraschung am Jom Kippur von vor genau 50 Jahre und einem Tag, als sie als kleines Mädchen draußen spielte und von den Sirenen des Luftalarms überrascht wurde und dann schnell von ihrer Mutter in den Schutzraum gebracht wurde.
In der Tat erinnert uns der gestrige Tag an den Ausbruch des Jom Kippur Krieges, wo Israel von seinen arabischen Nachbarn überrascht wurde.
Wie kann es sein, dass wir auch diesmal wieder derartig überrascht wurden? Wo war der Nachrichtendienst? Wir werden wohl erst einmal auf das Ende diese gerade erst beginnenden Krieges gegen die Hamas warten müssen, um eine Antwort darauf zu bekommen.
Von dem Fest Simchat Tora, dem Freudenfest über die Tora, war nichts mehr zu spüren. Wir befanden und nun in einer ganz anderen Realität. Nur einen Tag zuvor hatte sich das Oberste Gericht noch mit der Frage beschäftigt, ob es erlaubt sein sollte, in der Stadt Tel Aviv die Freudenumzüge zum Simchat Tora Fest abzuhalten. Denn die Stadt Tel Aviv meinte, Veranstaltungen wie diese hätten im öffentlichen Raum keinen Platz, denn schließlich wolle man niemanden die Religion aufzwingen.
Was für ein unglaublicher Streit. Wie kann es sein, dass man in Tel Aviv, einer Stadt in Israel, die Ausübung des Judentums verbieten will? Dieser Streit war eine Fortsetzung der Ereignisse am Jom Kippur, als nichtreligiöse Aktivisten das Gebet am Dizengoff Platz störten. Am Ende erlaubte das Gericht am Freitagmorgen die Tora-Umzüge in Tel Aviv, solange sie nicht am Dizengoff Platz vorbeiführen würden.
Und dann kamen die Raketen. Die Festtagsumzüge wurden natürlich abgesagt, um Menschenleben zu schützen. Israel wird angegriffen. Jetzt sind wir alle wieder zusammen, um uns gegen unseren Feind zu wehren.
Es sieht so aus, als brauchen wir ab und zu eine Krise, um wieder zusammenzufinden. Die Organisation „Achim La Neshek“, die Waffenbrüder, die wegen der umstrittenen Justizreform dazu aufgerufen hatte, den freiwilligen Dienst in der Armee einzustellen, rief seine Mitglieder auf, sich bei ihren Einheiten zu melden, um das Land zu verteidigen. Na, vielen Dank dafür.
Aber ein Ziel wurde ja erreicht, die Umzüge mit der Tora durch die Straßen von Tel Aviv haben gestern nicht stattgefunden.
Ich hoffe wirklich, dass wir in dieser vielleicht größten Krise in der Geschichte unseres Landes wieder zusammenfinden werden, und diesmal für immer.
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2 Antworten zu “Ein trauriges Fest der Freude”
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Das hoffe (glaube) ich auch – Shalom – Eurer Jens Gläßer.
Das wird zwei neue Feiertage geben. Einen traurigen in Israel und einen
freudigen für Terroristen. Leider. Beten wir für Israel das Gottes verletzter
Augapfel wieder heilen kann.