Tacheles mit Aviel – „Wer nicht koscher isst, ist dumm“

Tacheles, offen und unverblümt sage ich meine Meinung. Die rabbinischen Predigen sind oft lustig, heiter und für viele unverständlich.

von Aviel Schneider | | Themen: Judentum
Israels sephardischer Oberrabbiner Jitzchak Josef. Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

„Wer sich nicht an die biblischen Essregeln hält, ist dumm“, so ungefähr hat das Israels sephardischer Oberrabbiner Jitzchak Josef in seiner wöchentlichen Predigt am letzten Schabbatausgang in der Synagoge gesagt. „Ein Mensch, der nicht koscher isst, wird dumm und sein Gehirn verblödet. Er kann Dinge nicht verstehen und nicht kapieren. Aber sobald er anfängt, sich koscher zu ernähren, kann man anfangen, diesen Menschen zu beeinflussen“, sagte er wörtlich. „Ich sehe, was in der säkularen Gesellschaft passiert, das sind arme Menschen, sie haben keine Zufriedenheit im Leben. Diese Menschen sind auf uns neidisch, alles ist Eifersucht auf die ultraorthodoxe Gesellschaft“.

Dies betonte der Oberrabbiner in Bezug auf das Verhalten der säkularen Juden in Tel Aviv, die das öffentliche Gebet religiöser Juden am Jom-Kippur-Tag verhinderten, weil diese eine Trennwand zwischen Männern und Frauen aufstellten.


Predigen in dieser Art sind oft schwer zu verstehen und für die Mehrheit im Volk oft unverständlich. Schon sein Vater, der ehemalige Oberrabbiner und Gründer der sephardischen Schas-Partei, Rabbi Ovadia Josef verärgerte in seinen wöchentlichen Ansprachen einen Großteil der jüdischen Bevölkerung. Im Sommer 2009 sagte Rabbi Ovadia Josef, dass „säkulare Schüler so dumm wie Tiere sind“. Auch damals war man von dieser wie auch vielen anderen Predigen des Oberrabbiners erschüttert. „Die Tora-Schüler gehen, nach dem Gottesdienst in der Synagoge nach Hause und machen den Kiddusch, denn sie wissen, wie man Kiddusch macht. Aber diejenigen, die in den weltlichen Schulen lernen, sind wie dumme Narren. Diese Schüler wissen nicht, was Kiddusch (Gebet über den Wein zu Beginn des Schabbat) ist und verhalten sich wie Tiere. Sie stürzen sich sofort auf das Essen, ohne Kiddusch am Schabbat. Es ist ein großes Gebot, diese Menschen zu bekehren.“

Archivbild: Rabbi Ovadia Yosef (L), mit seinem Sohn, dem neu gewählten sephardischen Oberrabbiner Jitzchak Josef. 25. Juli 2013. Foto von FLASH90

„Wir müssen diese Menschen ermutigen, sie näher bringen und sie zur Umkehr bewegen. Ich sitze im (rabbinischen) Gericht, ich sehe Fälle, was in der säkularen Gesellschaft passiert. Das ist gefährlich, sie haben keine Befriedigung und keinen Sinn im Leben“, sagte er in derselben Predigt. „Alles nur für die Vergnügungen dieser Welt. Es ist unglaublich, aber wir müssen sie uns näher bringen und sie zur Umkehr bekehren“. Und dann erklärt er, warum die nichtreligiösen Juden neidisch sind. „Wir haben Kinder, wir haben Feiertage, wir machen Urlaub mit unseren Kindern. Das macht sie neidisch auf uns“, betont Oberrabbiner Josef Junior.

In diesem Fall möchte ich die beiden ein wenig in Schutz nehmen, sie benutzen oft einen Wortlaut aus der Hebräischen Sprache des Talmuds und der Mischna, die in der heutigen Umgangssprache für die meisten Israelis fremd ist. Für Sohn und Vater sind die säkularen Juden dumme Menschen, weil sie Gottes Segen verpassen oder vergeuden. Einmal, weil sie nicht koscher essen und ein anderes Mal, weil sie nicht den wöchentlichen Kiddusch am Familientisch feiern. In dem Moment, wenn man koscher isst, haben die Rabbiner in einer bestimmten Weise wieder Einfluss auf den frommen Juden. Wer sich nicht an die biblischen Gebote hält, obwohl diese ausdrücklich befohlen werden, hat sozusagen sein Gehirn verblödet. Und deswegen hatte der verstorbene Rabbiner diese Menschen wie Tiere beschrieben, die am Freitagabend nicht einmal Zeit am Tisch haben, Gott für die Erlösung aus der Sklaverei zu danken.

Ultraorthodoxe Vertreter des Oberrabbinats von Israel mit einem Koscher-Zertifikat für ein Restaurant im Zentrum Jerusalems. Archivbild: Hadas Parush/Flash90

Aus diesem Grund sieht sich Rabbi Jitzchak Josef verpflichtet, seinen säkularen Geschwistern zu helfen. Diese Rabbiner meinen das nicht böse, aber sie reden mit einer Terminologie, die den Nächsten im Volk verärgert oder zum Schmunzeln bringt. Ich kenne dumme Menschen auf allen Seiten, unter den säkularen und orthodoxen Juden. Wer Gottes Gebote oder Weg nicht gemäß ihrem Verständnis folgt, ist dumm und das tut diesen Rabbinern weh. Aber andererseits kennen sie auch kein anderes Judentum, in dem Juden leichtere Koscher-Regeln folgen und den Kiddusch am Schabbattisch anders halten, ohne vorher in die Synagoge zu gehen. Meine Kinder sind vom ersten Tag mit dem Kiddusch am Freitagabend aufgewachsen, bis heute. Ich, wie viele andere im Volk betrachte mich nicht als „dumm oder Mensch mit verblödeten Gehirn“. Noch etwas, ich nehme mir diese Behauptung der Rabbiner auch nicht zum Herzen. Ich verstehe, wer sie sind und was ihre Aufgabe im Volk ist.

Natürlich verärgerte dies die andere Seite im jüdischen Volk und so reagierte Oppositionsführer Yair Lapid: „Er ist nicht der Oberrabbiner Israels, sondern der Rabbiner einer lauten Minderheit, der vom Podium aus Millionen von Juden verflucht, die in der Armee dienen, ihr Leben riskieren und opfern, arbeiten und dieses Land am Leben erhalten. Er hatte mit einer Sache recht, heute Abend fühlen sich die säkularen Juden wirklich dumm, denn sie bezahlen sein Gehalt“, so Lapid. Avigdor Lieberman, der Parteivorsitzende von Israel Beitenu sagte ähnliches, „die einzige Dummheit besteht darin, dass die säkulare Gesellschaft ein Gehalt an böse Menschen wie Sie bezahlt“.

So wie säkulare Juden die hebräische Terminologie der orthodoxen Geschwister nicht immer verstehen oder nachvollziehen können, so haben auch orthodoxe Juden mit der Umgangssprache ihrer säkularen Geschwister im Volk oft Probleme. Natürlich springen Lapid und Lieberman sofort auf die heiße Predigt solcher Rabbiner an, aber manchmal, denke ich, sollte man anders reagieren oder am besten gar nicht. Vor allem in einer Zeit wie der heutigen, in der sich im Volk alles immer mehr gegen den Nächsten richtet.

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2 Antworten zu “Tacheles mit Aviel – „Wer nicht koscher isst, ist dumm“”

  1. j-glaesser sagt:

    ( „Ein Mensch, der nicht koscher isst, wird dumm und sein Gehirn verblödet. Er kann Dinge nicht verstehen und nicht kapieren. …. )
    Lustig – dass würde ja dann auch auf die biblischen Personen wie Noah, Abraham, Issak, Jakob, Juda, Joseph, … zutreffen.

  2. jotfried sagt:

    Grundsätzlich ist die Welt zu bessern,
    indem wir r i c h t i g sie bewässern.
    Das tut der ganzen Schöpfung gut,
    macht über-flüssig Flüchtlingsflut,
    gibt allen Menschen Lebenssinn,
    weil führt zu PRIMA-KLIMA hin,
    sehr zum Wohle aller Kreatur
    in Gottes eigener Natur
    für eine Freuden-Kur
    pur,
    damit alle Generationen
    wirklich sicher auf ihm wohnen,
    falls Menschen jemals überlegen,
    wie unsern Stern man sollte pflegen.

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