Thora-Wochenabschnitt – Wie man die jüdische Geschichte interpretiert

Die Fortsetzung der biblischen Geschichten findet vor unseren Augen statt. Die aktuellen Erlebnisse des jüdischen Volkes finden ebenfalls unter Gottes Aufsicht statt. Man muss nur wissen, wie sie zu interpretieren sind.

von Michael Selutin | | Themen: Thora
Thora
Foto: Yossi Aloni/Flash90

Unser Thora-Wochenabschnitt „Ki Tavo“ (Wenn du kommst) beginnt mit einer wunderschönen Passage. Das Volk Israel befindet sich auf der Ostseite des Jordan-Flusses und Moses spricht über ihren baldigen Einzug in das Gelobte Land. Er erläutert dem Volk das Gebot der Darbringung der Erstlingsfrüchte:

„Wenn du nun in das Land kommst, das dir der Herr, dein Gott, zum Erbe gibt, und es in Besitz nimmst und darin wohnst, so sollst du von den Erstlingen aller Früchte des Erdbodens nehmen, die du von deinem Land einbringen wirst, das der Herr, dein Gott, dir gibt, und sollst sie in einen Korb legen und an den Ort hingehen, den der Herr, dein Gott, erwählen wird, um seinen Namen dort wohnen zu lassen; und du sollst zu dem Priester kommen, der zu der Zeit im Amt sein wird, und zu ihm sagen:

Ich bezeuge heute vor dem Herrn, deinem Gott, daß ich in das Land gekommen bin, von dem der Herr unseren Vätern geschworen hat, daß er es uns gebe! Und der Priester soll den Korb von deiner Hand nehmen und ihn vor dem Altar des Herrn, deines Gottes, niederlegen. Da sollst du das Wort ergreifen und vor dem Herrn, deinem Gott, sprechen:

»Mein Vater war ein umherirrender Aramäer; und er zog nach Ägypten hinab und lebte dort als Fremdling mit wenigen Leuten, und er wurde dort zu einem großen, starken und zahlreichen Volk. Aber die Ägypter misshandelten uns und bedrückten uns und legten uns harte Arbeit auf. Da schrien wir zum Herrn, dem Gott unserer Väter. Und der Herr erhörte unsere Stimme und sah unser Elend und unsere Mühsal und Unterdrückung; und der Herr führte uns aus Ägypten mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm und mit gewaltigen, furchtgebietenden Taten und durch Zeichen und durch Wunder, und brachte uns an diesen Ort und gab uns dieses Land, ein Land, in dem Milch und Honig fließt. Und siehe, ich bringe nun die ersten Früchte des Landes, das du, o Herr, mir gegeben hast!«

Und du sollst sie vor dem Herrn, deinem Gott, niederlegen und sollst vor dem Herrn, deinem Gott, beten; und du sollst fröhlich sein wegen all des Guten, das der Herr, dein Gott, dir und deinem Haus gegeben hat, du und der Levit und der Fremdling, der in deiner Mitte ist.” (5. Mose 26, 1-11)

Der israelische Farmer musste also seine ersten Früchte zum Tempel bringen, sie dort dem zuständigen Priester (Kohen) überreichen und den obigen Text sagen. Dieser Text ist eine kurze Zusammenfassung der jüdischen Geschichte bis zu diesem Zeitpunkt. Sie beginnt mit dem Vorvater und endet mit den Früchten, die der Farmer gerade in seinen Händen hält.

Das was keine akademische Angelegenheit, nicht die Sache von Gelehrten oder einer literarischen Elite. Diese Erklärung wurde von allen rezitiert. Die Geschichte des eigenen Volkes zu kennen, war ein wesentlicher Bestandteil der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft des Glaubens. Und nicht nur das, sie wurde auch in der ersten Person gesprochen: “Mein Vater … der Herr führte uns aus Ägypten … brachte uns an diesen Ort”.

Diese Internalisierung und Sichtweise auf die jüdische Geschichte ist im Laufe unseres langen Exils leider verloren gegangen und moderne Israelis beziehen sich heute zu wenig auf Gott, wenn sie auf den Segen und leider auch die Probleme ihrer Zeit blicken.

Ohne Gott macht die Geschichte Israels keinen Sinn, mit Gott und der Thora hingegen kann man Muster in der jüdischen Geschichte finden, sodass man von aktuellen Entwicklungen nicht überrascht wird.

Man könnte vielleicht für den modernen Israeli eine Fortsetzung der biblischen Erklärung schreiben. Wenn ein israelischer High-Tech-Unternehmer dem Steuerbeamten einen Koffer voller Geld präsentiert, könnte er sagen:

„… aber aufgrund unserer vielen Sünden hast du uns aus deinem Land in alle Ecken der Welt vertrieben und wir litten Jahrtausende unter den Völkern. Aus den Gaskammern Europas schrien wir zum Herrn und der Herr erhörte uns und brachte uns zurück in das Land, in dem mittlerweile kein Wasser floss und nichts blühte. Unter schweren Opfern bauten wir das Land wieder auf, während es sich im ständigen Krieg befand. Diese Schwierigkeiten haben uns jedoch stark gemacht und trotz allem konnten wir durch deinen verborgenen Segen über unsere Feinde triumphieren und eine starke Wirtschaft aufbauen. Und siehe, ich bringe nun die erste Million Schekel meiner Firma, die du, o Herr, mir gegeben hast!“

 

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