
Aus der Ferne sieht oft alles anders aus. Dies ist mir besonders in den letzten Wochen deutlich geworden, als wir in der Schweiz waren. Der politische Streit zwischen Links und Rechts, religiösen und säkularen Juden, sieht aus der Ferne wie ein sinnloser und überflüssiger Streit im Volk aus. Vom Ausland her gesehen, sieht das Volk Israel wie eine Einheit aus, in der ein familiärer Krach nicht zum Ausdruck kommt, es sei denn, man interessiert sich dafür in den Nachrichten. Es ist ähnlich wie als wenn man unterwegs eine fröhliche Familie trifft, die von außen perfekt aussieht, aber zu Hause im Streit zusammenlebt. So haben wir nun unser Land und Familie zu Hause betrachtet. Was für ein unnötiger Streit existiert im Volk, der die Kluft zwischen den Menschen nur vertieft! Grundsätzlich hat Israel keinen Grund zum Streit. Dem Land geht es gut trotz aller Nachteile. Auch, wenn das Coronavirus mit einer zweiten Welle über uns hereingebrochen ist. Während der ersten Corona-Welle war Israel ein Vorbild, während der zweiten nicht.
Der Grund dafür ist die Ungehorsamkeit. Ja, Israel ist in bestimmter Weise ein Volk mit wenig Disziplin und aus diesem Grund findet das Coronavirus seinen leichten Weg, kann leicht von einem Menschen auf den anderen hüpfen. Israelis halten sich nicht an Vorschriften und meinen, dass sie nicht angesteckt werden. Wie oft berichten die israelischen Medien über Vorfälle, wo Juden und Araber, jeder in seiner Umgebung, alle möglichen Sicherheitsvorschriften übergehen. Die Maske wird nicht wegen des Virus getragen, sondern wegen der Angst vor der Polizei und einer Geldstrafe.

Dies ist an den vollgepackten Stränden an der Meeresküste oder am See Genezareth zu sehen. Sommerpartys, wo alle eng zusammen tanzen. In den Synagogen und Jeschiwa-Schulen bestimmen oft Rabbiner die Vorschriften und nicht das nationale Komitee der Corona-Bekämpfung. Chassidische Juden protestieren gegen die Regierung, die zum jüdischen Neujahr Rosch Haschana die Feier in der ukrainischen Stadt Uman, wegen der hohen Ansteckungsgefahr unter den orthodoxen Juden verboten hat. In der arabischen Bevölkerung wird ebenso nicht auf übliche Stammestradition verzichtet. In den sozialen Netzwerken erscheinen oft kurze Videos, wie israelische Polizisten an Stränden, in Hotels und anderen Plätzen Israelis verhaften, die eigentlich in Quarantäne sitzen müssten. Aber viele pfeifen auf die Regeln.

Als der israelische Botschafter in Italien, Dror Idar, vor wenigen Tagen gefragt wurde, wie es dazu gekommen ist, dass in Israel der Coronavirus so heftig ausbrach, sagte er: „In der zweiten Corona-Welle haben Israelis die Vorschriften einfach missachtet“. Von einem Vorbild wurde Israel zu einem der rötesten Corona-Länder. „In Israel ist alles entweder ein Skandal oder ein Festival“, fügte Idar in seinem Interview hinzu. Das stimmt, Israel ist oft wie eine Dramaqueen und das ist nichts Neues. Dies kennen wir aus der Geschichte und aus dem Alltag. Aber dies haben wir besonders jetzt erkannt, als wir im Ausland waren und via Internet, Telefon und WhatsApp zurückblickten. Genau dies kommt in dem Zeitungsgespräch mit Dror Idar zum Ausdruck und dies ist uns im August in der Schweiz deutlich geworden. Wir saßen für zehn Tage in der Quarantäne, um rechtzeitig das geplante Israel Happening im Dialog-Hotel Eckstein in Baar durchführen zu können. Und diese Zeilen schreibe ich nun aus der zweiten 14-tägigen Quarantäne zu Hause in Israel.
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