
Boker Tov liebe Leser!
Wir befinden uns mitten in der Zeit der hohen Feiertage und das ist die Zeit, in der man in der Synagoge sitzt. Ganz einfach, man geht in die Synagoge, betet viel, hört inspirierende Reden von Rabbinern, nimmt sich Zeit für ein persönliches Gebet und befindet sich im Grunde mehr in der spirituellen Welt als in der physischen. In diesem Jahr ist jedoch alles anders. Ich habe mich ja aufgrund der aktuellen Corona-Krise schon daran gewöhnt, meine drei täglichen Gebete alleine zu Hause zu führen, aber dennoch war es für mich schon etwas unheimlich, die Gebete zu Rosch Ha Schana daheim zu absolvieren. Habe ich alles richtig gebetet? Habe ich wichtige Gebete ausgelassen? Wurden meine Gebete überhaupt erhört?
Es ist ja nicht so, dass alle meine Gebete in den letzten Jahren erhört worden sind, als ich noch vorschriftsmäßig in der Synagoge gebetet habe. Meine erbeteten Millionen beispielsweise sind bis heute nicht auf meinem Bankkonto, aber ich hatte die Gewissheit, dass ich zumindest die Formalitäten korrekt ausgeführt hatte.

Die formellen jüdischen Gebete sind unter anderem von den letzten Propheten Israels formuliert worden, man kann sie also nicht einfach als Poesie oder ähnliches Menschenwerk von der Hand weisen. Ein Prophet war in der Lage, die spirituelle Welt um uns herum zu erkennen, die normalen Menschen unzugänglich ist. Dadurch konnte er uns Wege aufzeigen, diese uns unbekannte Dimension zu verstehen und zu beeinflussen.
Ich vergleiche das gerne mit einem Computerspiel. Es gibt Spiele, in denen man sich eine Figur erstellt, mit der man durch eine virtuelle Welt läuft, Drachen besiegt und andere Abenteuer erlebt. Gott ist der Programmierer dieser Welt und das von ihm geschriebene Programm lässt die Welt funktionieren, Er kann sie jederzeit auf jegliche Weise ändern, indem er einfach etwas im Code seines Programms ändert. Er kann also problemlos ein riesiges Meer spalten, eine Heuschreckenplage herbeirufen und sonst alles tun, was Ihm beliebt. Der Spieler sieht jedoch nichts vom Programm, er sieht nur die für ihn geschaffene Welt, in der er sich mit Ungetümen und anderen Herausforderungen herumplagt.
In dieser Parabel ist die Thora eine Bedienungsanleitung für Spieler, mit der sie besser durch die virtuelle Welt navigieren können. Anstatt zum Beispiel sieben Tage lang Ungeheuern hinterherzujagen, kann man das Spiel viel besser durchlaufen, wenn man einen Tag nichts tut. Die Software wurde so geschrieben, dass Spieler, die am siebten Tag ruhen, einen Bonus bekommen. Allerdings kann man sich die Regeln des Ruhetags nicht selbst ausdenken, sondern muss sich genau an die Regeln der Anleitung halten, sonst reagiert das Programm nicht.
Ich stelle mir vor, dass Propheten Menschen waren, die, ähnlich wie Neo in der Matrix, das Programm sehen konnten, das die Welt erschafft, in der wir leben. Von ihnen formulierte Gebete und Verordnungen geben uns Normalsterblichen also ein Werkzeug in die Hand, Dinge gemäß dem Programm zu tun und vielleicht sogar das Programm etwas umzuschreiben, sodass das nächste Ungetüm, das uns angreift, vielleicht etwas einfacher zu besiegen ist.

So gesehen sind die formellen jüdischen Gebete also sehr wichtig, sie sind der Schlüssel zu der uns unbekannten spirituellen Welt, die uns umgibt. Neben den formellen Gebeten werden wir auch angehalten, eigene informelle Gebete an Gott zu richten, in eigenen Worten mit unseren individuellen Bitten und Sorgen. Dies wäre vielleicht vergleichbar mit einer direkten Message an den Programmierer, in der man ihn zum Beispiel bittet, einen Ausweg aus der Höhle anzuzeigen, in der man sich befindet und nicht mehr herauskommt.
In diesem Jahr fehlen uns viele der formellen Gebete für die Hohen Feiertage, da sie Gemeinschaftsgebete sind und große Teile wegfallen, wenn man sie alleine betet. Wir fürchten fast, von riesigen Monstern erschlagen zu werden, wenn wir nicht richtig für das neue Jahr beten und wir klammern uns trotz Corona an die gemeinschaftlichen Gebete. Nach derzeitigem Erkenntnisstand sieht es so aus, als würden Synagogen am Montag, dem Fastentag Jom Kippur, nur begrenzt geöffnet sein. Es scheint als müssten wir in diesem Jahr auf gemeinschaftliche Gebete verzichten. Es bleibt uns aber zum Glück noch die Möglichkeit, den Programmierer mit Anfragen zu überfluten und so um ein gutes neues Jahr zu bitten.
Das Wetter für heute in Israel
Für heute werden folgende Höchsttemperaturen erwartet: Jerusalem 28 Grad, Tel Aviv 28 Grad, Haifa 27 Grad, Tiberias am See Genezareth 33 Grad, am Toten Meer 34 Grad, Beersheva 31 Grad, Eilat am Roten Meer 36 Grad. Der Wasserpegel des See Genezareth ist um einen weiteren Zentimeter gesunken und liegt jetzt bei – 209.69 m unter dem Meeresspiegel angegeben. Es fehlen 89 Zentimeter bis zur oberen Grenze!
Im Namen der gesamten Redaktion von Israel heute wünsche ich Ihnen ein angenehmes Wochenende, einen gesegneten Schabbat und schon jetzt “Gmar Chatima Tova” zum Jom Kippur, der am Sonntagabend beginnen wird.
Schabbat Schalom aus Bet Schemesch!
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