Guten Morgen Israel – Das soziale Dilemma

Ein Dokumentarfilm auf Netflix über die sozialen Netzwerke, den ich zusammen mit meinen Söhnen gesehen habe, hat mir viel zu denken gegeben. Wir alle haben ein Problem!

von Aviel Schneider | | Themen: Guten Morgen
Weinberge in der Nähe von Bar Giora Foto: Aviel Schneider

Boker Tov liebe Leser!

Den Freitagabend habe ich zusammen mit meinen Söhnen vor dem Bildschirm verbracht. Auf Netflix sahen wir den neuen Dokumentarfilm „The Social Dilemma“ („Das Dilemma mit den sozialen Medien“. Aber vorher hatten wir unser familiäres Schabbatmahl, bei dem Handys keinen Platz haben. Zwei meiner Söhne schafften es noch rechtzeitig vor Beginn des nationalen Lockdowns, Tel Aviv zu verlassen. Am Tisch sitzen wir immer „offline“, damit wir uns miteinander unterhalten und live erleben können. Wer kennt nicht die unheimliche Verführung, wenn das Handy piept und eine neue Meldung uns wild und neugierig macht. Was verpassen wir? Wer sucht uns? Alles kitzelt. Oft eine schlimme Versuchung. Ein Dilemma. Ein soziales Dilemma. Mit wem müssen wir online sein, mit den Menschen am Tisch oder mit den Nichtvorhandenen?

Der Film zeigt in 90 Minuten die gefährlichen und negativen Seiten der sozialen Medien. Wie ist es dazu gekommen, dass wir alle so abhängig von der neuen Technologie geworden sind? Fake News und Meinungsmanipulationen spielen eine radikale Rolle. Welchen Einfluss haben soziale Medien auf die Psyche des einzelnen Menschen? Die Idee, Menschen näherzubringen und zu verbinden, war gut gemeint. Aber wieso haben wir heute mehr depressive junge Menschen als jemals zuvor? Wie manipulieren die sozialen Medien und ihre Teilnehmer unsere Wahrnehmung? Was ist überhaupt noch Wahrheit in der neuen Technologie, die unser Leben bestimmt? Was den Film noch spannender macht ist, dass sich gerade jene Menschen dafür entschuldigen und zu Wort kommen, die die sozialen Medien in wichtigen Positionen bei Facebook, Instagram, Twitter, Pinterest und anderen Netzen selbst geschaffen haben. Darunter viele Juden, wie Tristan Harris und Jaron Lanier. Beide sind Informatiker. Harris ist Präsident und Mitbegründer des Center for Humane Technology. Zuvor arbeitete er als Designethiker bei Google.

Nach etwa zehn Minuten sagte ich meinen Söhnen, dass ich schon mehrmals versuchte, Offline zugehen und mich einfach von allem abschalten wollte. Doch bisher ohne Erfolg. Es stimmt, ich habe aus Prinzipien keine Facebookseite, auch kein Instagram und bin auch nicht bei Twitter registriert. Dennoch bin ich wegen der Medienarbeit online und an die Suchmaschine Google wie gefesselt. Es ist ein Werkzeug für meine Arbeit. Wer von uns ist nicht Onlinesüchtig? Google füttert mich mit dem, was mir schmeckt. Google weiß ganz genau, wer ich bin, was ich liebe und was mich reizt. Und das ist nicht immer genial und gut. Damit verpasst man oft die andere Seite in der Umgebung, in der du lebst. Natürlich ist nicht alles schlecht im Netz, solange wir alles im Griff haben und uns nicht von den sozialen Medien gefangen gehalten lassen.

Es fällt uns schwer, uns vom Handy zu trennen

Die Computerhelden, die alles mitgegründet haben, bereuen heute ihre Sünden. Sie reden von dem Riss in der Gesellschaft, der besonders in den demokratischen Ländern immer größer wird und zu Bürgerkriegen führen wird. Die Künstliche Intelligenz (KI) und Algorithmen manipulieren unser Leben und gefährden die menschliche Zivilisation. Menschen verlieren die Kontrolle über das, was sie erschaffen haben. Die Algorithmen werden immer schlauer. In Israel beobachten wir besonders während der letzten drei Wahlkampagnen, wie sich der Kluft zwischen rechts und links vertieft. Keiner hört mehr dem anderen zu, jeder lebt in seiner gesellschaftlichen Blase und fühlt sich von anderen Meinungen wie angegriffen. Alle oder die meisten sind im Facebook aktiv. Die meisten, die ich kenne, geben aber zu, dass sie den Inhalten auf Facebook misstrauisch gegenüberstehen. Alles muss überprüft werden. Verlasst euch nicht auf alles, was Facebook über Israel vermittelt. Dafür existieren wir, informiert Euch bei uns hier auf Israel Heute, Euer lebendiger Ansprechpartner in Jerusalem.

Facebook und andere Plattformen müssen unbedingt überwacht werden, besonders während den Wahlen. Das Misstrauen wächst, denn im Namen der Wahrheit wurde zu viel Mist und Lügen durch die sozialen Medien vermittelt. Auch früher logen sich die Menschen an, aber online geht alles viel schneller und viel globaler. Knapp vier Mrd. Menschen sind mit den sozialen Medien verbunden. Menschen werden sich gegenseitig fremder, obwohl sie die beste Gelegenheit haben, sich näherzukommen. Der Kluft zwischen den Völkern vertieft sich und dies ist besonders in Israel zu sehen. Wir hassen uns gegenseitig und haben immer weniger Geduld für den Nächsten.

Seht, wie gestern Abend trotz Ausgangssperre und Ansteckungsgefahr Tausende Israelis in Jerusalem auf die Straßen gingen und gegen Bibi protestierten.

Hass verbreitet sich blitzschnell über die sozialen Netzwerke und bewegt Menschen. Das passiert links und rechts. Der Film auf Netflix zeigt, wieso dies passiert und wie Menschen, Interessen, Konzerne, Geld und Algorithmen uns manipulieren. „Wir leben wie Zombies in einer manipulierten und virtuellen Welt“, unterstrich Harris.

Am Ende des Films appelliert der Informatiker und Jude Jaron Lanier, Vater der Virtuellen Realität, dass jeder sofort seine sozialen Medienkonten löschen sollte. „Befreit euch von den Manipulationmotoren. Verlasst das irre System. Seht, wie schön die Welt draußen ist“. Laut Lanier braucht der High-Tech-Frieden eine neue Art von Humanismus. „Menschen sind mehr als Maschinen und Algorithmen. Ohne Menschen sind Computer nur Raumwärmer, die Muster erzeugen. Lasst uns die Schöpfung lieben.“

Es lohnt sich, diesen Film zusammen mit unseren Kindern anzuschauen und darüber zu diskutieren, denn das ist unsere Welt, in der wir leben und in der unsere Kinder aufgewachsen sind. Wir, die Erwachsenen über 45, kennen noch eine andere Welt, nicht aber unsere Kinder.

Und jetzt noch etwas sehr Reelles, das Wetter.

Das Wetter für heute in Israel

Meistens heiter, im Landesinneren und in den Bergen wird es wieder wärmer. Am Jom Kippur soll es überdurchschnittlich heiß und trocken werden. Für heute werden folgende Höchsttemperaturen erwartet: Jerusalem 32 Grad, Tel Aviv 30 Grad, Haifa 28 Grad, Tiberias am See Genezareth 38 Grad, am Toten Meer 37 Grad, Beersheva 34 Grad, Eilat am Roten Meer 37 Grad. Der Wasserpegel des See Genezareth sinkt weiter und liegt jetzt bei – 209.725 m unter dem Meeresspiegel angegeben. Es fehlen 92,5  Zentimeter bis zur oberen Grenze!

Und nun wünsche ich Euch zusammen mit meinen Kollegen von Israel Heute einen angenehmen Sonntag und “Gmar Chatima Tova” für den heute Abend beginnenden Jom Kippur. Wir werden am Dienstag wieder für Euch da sein.

 

Schalom aus Bar Giora!

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