
Oberflächlich betrachtet geht es bei den derzeitigen Unruhen in Israel um die Justizreform, die Spannungen zwischen den verschiedenen Regierungszweigen und die Politik der Linken und Rechten. Aber unter der Oberfläche geht es um Religion, darum, ob Israel ein jüdischer und demokratischer Staat ist oder ein demokratischer Staat, in dem zufällig die Mehrheit jüdisch ist.
Und dies zeigt sich in zunehmenden Protesten gegen und Angriffen auf religiöse Juden durch jene, denen es angeblich nur um eine Justizreform und die “Rettung der Demokratie” geht. Denn für sie ist ein religiöses System, das von Rabbinern beherrscht wird, ein Gräuel für die Demokratie.
Aber die Rabbiner verschwinden nicht. Deshalb sagt eine wachsende Zahl säkularer Israelis, dass sie es dann eben tun werden.
Nein, nicht ins Ausland. Eigentlich haben sie gar nicht vor, umzuziehen. Vielmehr schlagen sie eine neue Zweistaatenlösung vor: Israel und Judäa.
Die Abspaltungsbewegung (תנועת ההיפרדות) reagierte auf die Verabschiedung des “Angemessenheits”-Gesetzes am Montag, indem sie ihre Anhänger aufforderte, “sich nicht aufzuregen. Das wird nur mehr Anhänger bringen und unsere Vision beschleunigen”.
Und was ist diese Vision? Einem Tweet der Bewegung zufolge soll sich Israel in den nächsten 20-30 Jahren in zwei Staaten aufspalten – einen säkularen demokratischen Staat Israel und einen religiös-autoritären Staat Judäa.
Dem Verfasser des Tweets zufolge “werden wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenn die konservative/faschistische Seite das Reden über [die Abspaltung] verbietet und es als Verrat definiert”. Nebenbei bemerkt gilt es in den meisten westlichen Demokratien als Hochverrat, für eine Abspaltung zu werben.
Für den Moment ermutigte die Bewegung ihre Anhänger, “die Vision zu vermarkten, Unterstützer zu gewinnen und Stärke für die nächste Wahl zu erlangen, damit wir gewinnen und dann den Stufenplan aktivieren können”.
Normalerweise würde man solche Äußerungen als Randerscheinung abtun. Aber unter den gegenwärtigen Umständen nehmen sie einen ernsteren Ton an.
Die linke Zeitung Haaretz wirft Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seit Monaten vor, “dem Staat Judäa” mehr zu dienen als dem Staat Israel. Und sie meinen es durchaus ernst. Sie betrachten die nationalreligiösen Juden, insbesondere die in Judäa und Samaria lebenden “Siedler”, bereits als eine eigene Nation und als Feinde des “demokratischen” Israel.
Am Dienstag twitterte die Nachrichtensprecherin von Channel 13, Sivan Cohen Saban, dass die Abspaltungsbewegung “in den letzten Tagen Tausende von Anhängern gewonnen hat”.
Auf der Facebook-Seite der Bewegung heißt es, das Ziel sei es, “die Idee zu fördern, dass sich der Staat Israel in eine Föderation oder in zwei getrennte Staaten aufspalten sollte, damit jede Bevölkerungsgruppe nach ihren eigenen Werten leben kann”.
Um es klar zu sagen: Die Zahl der an dieser Bewegung Beteiligten ist noch sehr gering, und kein Politiker der etablierten Parteien würde sich heute auf ein solches Vorhaben einlassen. Aber die Idee liegt auf dem Tisch, und das allein ist schon ein Grund zur Besorgnis und dazu, sich mit den historischen Spaltungen Israels und den daraus resultierenden schrecklichen Folgen vertraut zu machen.
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5 Antworten zu “Die andere Zweistaatenlösung: Israel und Judäa”
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Warum Judäa? Ist ja der lateinische Ausdruck. Israel und Juda wäre angebracht. Upps, das hatten wir ja schon einmal…..Es ist interessant, wie sich alles wiederholt. Kohelet hat absolut recht ” es gibt nichts Neues unter der Sonne”…
Lieber Ryan Jones,
“Aber die Idee liegt auf dem Tisch, und das allein ist schon ein Grund zur Besorgnis und dazu, sich mit den historischen Spaltungen Israels und den daraus resultierenden schrecklichen Folgen vertraut zu machen.”
Im ersten Moment reagiert Mann/Frau mit Erstaunen und Unwohlsein. Trotzdem, manchmal ist in etwas ein Funken vorhanden, der in verschiedenen Richtungen ausgestaltet zu werden vermag.
Aber die Idee eine j ü d i s c h e Lösung zu suchen, die aus der Geschichte Gottes mit dem jüdischen Volk heraus geboren wird, ist zunächst eine sehr gute Idee. Wie eine Tür über der “Israel und sein Volk” geschrieben steht, anstatt durch die Tür über die “Nationen” steht, zu gehen. Es gibt zwei verschiedene Eingänge, die aber beide in Gottes Bauplan vereint und in Beziehung gesetzt werden könnten!?
S c h a l o m an Alle.
Es könnte sogar sein, dass die Idee einer solchen jüdischen Zweistaatenlösung biblisch ist. Ich denke da an Joel 4,1: in jener Zeit werde ich das Geschick Judas und Jerusalems wenden… In Vers 4 kommt dann wieder dieselbe doppelte Redewendung vor und in Ver 8, dann nur noch Juda. Das finde ich besonders interessant. Ich jedenfalls mache mir keine Sorgen wegen einer solchen Zweistaatenlösung. Gott wird sie nach Joel 4 sogar segnen, das meine ich aus diesem Text herauslesen zu können. Das Gegenteil von Sorgen haben ist Frieden haben, Schalom, und den wünsche ich allen!
Die Gedanken dieser Abspaltungs-Anhänger sind durchaus logisch und nachvollziehbar….sekulär Israel vs ?? religiös Juda/Judäa und dann bitte “auch noch eine 3. Sektion”: für alle Christen im Sinne des Tanach incl. NT.
EINHEIT wäre aber die mit Sicherheit bessere Langzeitlösung.
Das hört sich sehr interessant an! Jedoch besteht dabei die Gefahr, dass der demokrtische Teil Israels dann untergeht.
Wo Menschen Verantwortung übernehmen und klare Regeln haben, da kann schnell etwas positives wachsen. Der Teil Juda könnt von Richtern geführt werden oder sie besorgen sich einen König….
Das Chaos der Demokratie könnte dann weiter streiten und auch noch die fünfte noch nicht geborene Generation nach uns verschulden.
Shalom