
Was ist eigentlich dieser Waqf und was ist der Ursprung der Forderung, die alleinige Herrschaft über den Tempelberg beizubehalten?
Das arabische Wort Waqf ist eine Bezeichnung für ein Grundstück, das treuhänderisch gehalten und religiösen bzw. wohltätigen Zwecken vorbehalten ist. Die Scharia schreibt vor, dass bei einem Grundstück, sobald es als Waqf deklariert wurde, kein Eigentümerwechsel stattfindet, weder durch Erbschaft, Verkauf oder anderweitig. Waqf-Grundstücke sind von Steuern befreit, und zwar rückwirkend und zukünftig. Auch sind sie schuldenfrei, jedwede Lasten werden gestrichen. Über die Jahrhunderte hinweg war es in einigen islamischen Ländern Christen und Juden gestattet, Kirchen oder Synagogen als Waqf zu weihen, um eine Abgabenpflicht zu vermeiden.
Der Tempelberg wurde erstmals 1187 n.Chr., unmittelbar nach der Eroberung Jerusalems durch die Mamelukken, welche die Kreuzritter besiegten, zum Waqf erklärt. Über die Zeiten hinweg wurden weitere Grundstücke in und um Jerusalem durch die Waqf-Behörden als solche eingestuft. Im 13. Jahrhundert wurden während der Mamelukken-Dynastie unter Sultan Baibars der Waqf-Behörde Truppen zugeteilt, um die heiligen Stätten zu schützen. Dadurch konnte jede Einmischung einer säkularen Regierung in Angelegenheiten des Tempelbergs unterbunden werden. Dies war auch der Status des Tempelbergs während des Ottomanischen Reiches, und obwohl es Spannungen zwischen religiösen und säkularen Behörden gab, konnte sich der Waqf als Oberaufseher dieses Orts behaupten. Infolge dessen und wegen der zentralen Rolle, die die Religion in islamischen Ländern spielt, wurde der Chef der Waqf-Behörden zum mächtigsten Mann in Jerusalem.
Als die Briten Eretz Israel besetzt hatten und die jüdische Bevölkerung wuchs, verlor der Waqf einen Großteil seiner Macht. Das britische Mandat rief in Jerusalem eine moderne Verwaltung unter Leitung eines säkularen Bürgermeisters ins Leben. Während den Waqf-Behörden zugestanden wurde, einige Grundstücke, insbesondere den Tempelberg, weiter zu betreuen, verblich ihre bisherige Vormachtstellung. Nach dem Unabhängigkeitskrieg von 1948 wurde ein Abkommen unterzeichnet, das den Tempelberg unter die Obhut des jordanischen Waqf stellte. Dies ist der offizielle politische Status dieses heiligen Ortes bis heute – eine Situation, die Jordanien in die jüngsten Unruhen um den Tempelberg hineinzog.
Nach dem Sechstagekrieg 1967, als der Tempelberg sozusagen befreit wurde, nutzte Israel diese Situation nicht aus. Als Verteidigungsminister gab Moshe Dayan die Herrschaft über den Tempelberg in die Hände des jordanischen Waqf zurück.
Die lange Geschichte und weitreichende Autorität des Waqf über den Tempelberg schuf eine komplizierte politische, religiöse und legale Situation für das moderne Israel. Heute übt der Waqf in Jerusalem nur noch über den Tempelberg Aufsicht. Bestehende Abkommen schreiben vor, dass alle Aktivitäten des Waqf mit der israelischen Regierung zu koordinieren sind. Jedoch schweigt die israelische Regierung, wenn der Waqf es den Juden verbietet, auf der für sie heiligsten Stätte der Welt zu beten. Als die israelische Polizei die Metalldetektoren entfernte, die aufgestellt worden waren, um das Einschmuggeln von Waffen auf den Tempelberg zu verhindern, nachdem kurz zuvor zwei israelische Polizisten bei einer Schussattacke getötet worden waren, feierten Muslime rund um die Welt dies als weitere Kapitulation Israels vor der islamischen Autorität über diese Stätte.
Viele glauben, dass eine Entscheidung Israels, die Kontrolle über den Tempelberg wieder an sich zu nehmen, einen regionalen Krieg entfachen würde, der sich zu einem Weltkrieg ausweiten könnte. Ob dies geschehen wird oder nicht, sei dahingestellt. Aber die Schrift kündigt an: „Ich werde auch alle Heidenvölker erschüttern, und das Ersehnte aller Heidenvölker wird kommen; und ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit erfüllen, spricht der HERR der Heerscharen.“ (Haggai 2,7) Und: „Die will ich zu meinem heiligen Berg führen und sie in meinem Bethaus erfreuen; ihre Brandopfer und Schlachtopfer sollen wohlgefällig sein auf meinem Altar; denn mein Haus soll ein Bethaus für alle Völker genannt werden.“ (Jesaja56,7)
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