
Seit über zehn Wochen protestieren Israelis gegen das Vorhaben der rechtsreligiösen Regierung, dass Rechtssystem zu reformieren. Die Gegner befürchten, dass eine Diktatur ins Land einfallen wird, während die Koalition erklärt, eine demokratischere Demokratie im Land erzeugen zu wollen. Für die einen sind das Rechtsreformen und für die anderen ein Rechtsputsch.
Diesmal möchte ich den Schwerpunkt auf die Sicht religiöser Juden setzen, die in den Rechtsreformen der nationalreligiösen Regierung einen Trigger, also Auslöser, sehen. Sie sehen einen geistlichen Kampf, zwischen Juden, die an Gott glauben und Juden, die nicht an Gott glauben. Die Regierungskoalition hat eine einmalige Chance das Image und die Identität des jüdischen Staates neu formen, zu reformieren und im Grundgesetzt festzunageln. Das geben nicht nur zahlreiche Rabbiner zu, sondern dies haben auch die rechten und religiösen Politiker offen erklärt.
Dagegen wehrt sich ein Teil der israelischen säkularen Bevölkerung, die darin eine wahre Gefahr sieht. Beide Seiten verstehen, dass es sich um einen Kampf für das Image und die Identität des Staates Israel handelt.
„In Israel herrscht ein Kampf zwischen gottesfürchtigen Juden und nichtgottesfürchtigen Juden“, erklärte Rabbi Yigal Kaminetsky. „Zwischen Menschen, die das Land ohne Bedingung lieben und es um jeden Preis halten wollen und denen, deren Liebe von Dingen und Bedingungen abhängt. Ein Kampf zwischen Menschen, die im Judenstaat Israel die Erfüllung der biblischen Vision der Propheten sehen und denen, die in Israel nur einen sicheren Hafen sehen. Dies ist das erste Mal, in dem die Mehrheit des im Land Israel lebenden Volkes an einen jüdischen Staat glaubt und diesen jüdischen Charakter auch will und den Namen Gottes mit einer ausgeprägten jüdischen Identität anruft“. Dass es laut Rabbi Kaminetsky im jüdischen Volk auch Hooligans und Anarchisten mit marxistischen Ansichten gibt, ist nichts Neues und wird das Volk Israel nicht aufhalten.

Aus seiner Sicht hat sich der Oberste Gerichtshof nicht immer um die Minderheit im Volk Israel oder im Staat Israel gekümmert, sowie es immer behauptet wird. „Als die jüdischen Siedler aus der jüdischen Gaza-Enklave in Gusch Katif evakuiert wurden, hat sich das Oberste Gericht nicht für die 8.000 Juden im Gazastreifen eingesetzt“, betonte Rabbi Kaminetsky, der damals mit seiner Familie in Gusch Katif lebte. „Wir sind nach 2.000 Jahren Exil zurückgekehrt, um ein jüdischer Staat zu werden. Der Oberste Gerichtshof im Dienste der extremen Linken will Israel zu einem Staat für alle seine Bürger formen und arbeitet ständig gegen die jüdische Identität. Unsere Rechte hat das Oberste Gericht nicht geschützt. Es hat alle möglichen Ideen und Argumente hervorgebracht, warum wir evakuiert werden sollten. Deshalb ist dieses ganze Gerede inhaltsleer. Wir brauchen ein Gericht, das Gerechtigkeit und Ehrlichkeit und jüdische Werte fördert, dafür sind wir in unser Land zurückgekehrt“.
Aus diesem Grund unterstützen Rabbiner wie Yigal Kaminetsky die rechte Regierung. Sie soll die Rechtsreformen um jeden Preis durchsetzen, um damit ein für alle Mal das Justizsystem reparieren. „Israels Gesellschaft muss verstehen, dass hier ein Kampf für Gott und seinen Messias existiert. Wenn die Linken die Wahlen gewonnen hätten, würde es jetzt einen Staat für alle seine Bürger geben. Es geht um die Existenz des jüdischen Staates Israel und das ist ein Kampf“. Israel ist zuerst die Heimat des jüdischen Volkes und prallt automatisch mit der Frage zusammen, ob die arabischen Bürger deswegen weniger Rechte haben. Das ist ein Punkt, über den sich die Menschen im Volk uneinig sind. Tatsache ist aber, dass es den arabischen Bürger im jüdischen Staat oft besser geht als arabischen Bürger in arabischen Ländern. Allein darin ist ein Segen zu sehen.

In der israelischen Unabhängigkeitserklärung von 1948 heißt es: „Der Staat Israel wird der jüdischen Einwanderung und der Sammlung der Juden im Exil offenstehen. Er wird sich der Entwicklung des Landes zum Wohle aller seiner Bewohner widmen. Er wird auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden im Sinne der Visionen der Propheten Israels gestützt sein. Er wird all seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht, soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen. Er wird Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Sprache, Erziehung und Kultur gewährleisten, die Heiligen Stätten unter seinen Schutz nehmen und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen treu bleiben.“
Bei allen seinen widrigen Umständen in einem komplizierten Land wie Israel, ist es trotz Kritik gelungen diese Grundsätze umzusetzen.
Und dennoch hat ein Großteil der israelischen Bevölkerung Angst, dass die Reformen den Staat Israel noch jüdischer charakterisieren werden. In seiner Geschichte hat das Volk Israel immer zwischen zwei Weltanschauungen gerungen, zwischen gottesfürchtigen Menschen und nichtgottesfürchtigen Menschen. Das war in der biblischen Zeit so, in der Diaspora und auch heute. Aber hier muss man vorsichtig sein, gottesfürchtige Menschen befinden sich nicht nur unter den rechten und religiösen Wählern, sondern auch im anderen Teil des Volkes, auch unter den Gegnern der Rechtsreformen. Woher weiß ich das? Ich kenne persönlich viele Menschen, die diese Sorge teilen.
Ja es stimmt, die umstrittenen Rechtsreformen sind ein Trigger, der Menschen auf die Straße bringt, um eine Weltanschauung zu bekämpfen, die ihnen nicht passt. Andere werden sagen, nur um Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu endlich loszuwerden. Aber gleichzeitig sind die Rechtsreformen ebenso ein Trigger für ihre Befürworter, die endlich einen jüdischen Staat Israel schaffen wollen, indem liberale und linke Werte weniger betont werden. Ein Kampf der jüdischen Titanen und Weltanschauungen, worüber das Volk Israel immer wieder in seiner Geschichte gestolpert ist. Es geht darum, wie der Staat Israel in der Zukunft aussehen soll und das wird diesmal ein harter Kampf sein. Ich hoffe, beide Seiten im Volk lieben zuerst den Nächsten und dann sich selbst. In diesem Sinne meine ich, müsse beide zuerst das Volk als Kollektiv lieben und dann sich selbst, egal ob links oder rechts.
3 Antworten zu “Tacheles mit Aviel – Rechtsreformen, der Weg zum biblischen Staat?”
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Meiner Meinung nach geht es nicht um eine “rechte” Regierung oder Strömung, sondern um eine konservative.
Aber so oder so, das Land Israel war und ist für Gottes Volk Israel der Ort, an dem sie mit Gott zusammen leben werden. Und das zuerst. Ich wünsche allen Einwohnern Israels, dass dieser Grundsatz für sie stehen darf.
Die Justizreform muss dringend umgesetzt werden. Das hat die Minderheit verdient, die Israel bedingungslos liebt. Die, welche Israel nur wegen bestimmten Bedingungen mögen, haben schon alle Vorteile durch die Justiz. Es wird Zeit für Gerechtigkeit für die Minderheit, die an Gott glaubt und das ganze Land bewohnen möchte, von Norden bis Süden, ohne Kompromisse. Die säkularen Bürger möchten gar nicht alle Verheißungen Gottes für die gläubigen Juden erfüllt sehen. Deshalb wehren sie sich so gegen die Justizreform, damit der Gerechtigkeit für die gläubigen Juden nicht genug getan werden kann.
ich gebe zu bedenken :
Überall dort, wo eine Religion zur Staatsmacht wird, kommt es zu Unterdrückung von Minderheiten. Religion erhebt immer einen Allachtsanspruch, sobald
sich Religion mit Politik mischt.
Dies war schon seit der Antike so und betrifft alle Religionen.
Deshalb kann es nur eine wirkliche Demokratie geben, ohne religiöse Einmischung. Israel bräuchte dringend eine Verfassung !