
Boker Tov liebe Leser!
Es fällt mir momentan schwer, von guten Dinge zu erzählen, die hier bei uns passieren. Das liegt einfach daran, dass die ganze Situation, in der sich unser Land befindet, völlig chaotisch ist, wie ich es ja schon geschrieben habe. Ich bin enttäuscht von der Unfähigkeit unserer neuen Regierung, entschlossen im Kampf gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus vorzugehen.
Fast den ganzen Tag wurde gestern in den Nachrichten nur von den Beratungen über die kommenden Schritte berichtet. Der ganze Mechanismus, den man sich hier ausgedacht hat, um Entscheidungen zu treffen, macht es in meinen Augen unmöglich, eine Entscheidung zu treffen. Erst wird in der Regierung beraten, dann, nach der Entscheidung und der Bekanntmachung der neuen Maßnahmen an die Öffentlichkeit, werden die Entscheidungen an den sogenannten „Corona-Ausschuss“ weitergeleitet, der dann die endgültige Entscheidung treffen muss. Und genau hier liegt das Problem. Schon in der vergangenen Woche hatte ausgerechnet dieser Ausschuss unter der Leitung der Vorsitzenden Yifat Sasha-Biton einige Entscheidungen der Regierung abgewiesen und rückgängig gemacht. So wurden die Fitness-Clubs und Schwimmbäder wieder geöffnet, die zuvor auf Anweisung Regierung und nach Empfehlung des israelischen Gesundheitsamtes schließen mussten.

Yifat Sasha-Biton gelang dadurch ins Kreuzfeuer der Kritik ihrer Parteifreunde aus dem Likud. Sie selber kam als Mitglied der Partei Kulanu des ehemaligen Finanzministers Moshe Kachlon im Rahmen eines Zusammenschlusses vor den letzten Wahlen in die Likud-Fraktion, was vielleicht ihr nicht unbedingt parteitreues Verhalten erklärt.
Andererseits waren ihre Anmerkungen recht logisch. Sie verlangte Zahlen in Bezug auf die Ansteckungen an den verschiedenen Orten, um entscheiden zu können, auf welche Gebiete man sich bei den Maßnahmen konzentrieren sollte. So passierten nur etwa 0,4 Prozent aller Ansteckungen mit dem Coronavirus in Schwimmbädern, warum sollte man also ausgerechnet diese schließen? Und wo finden die meisten Ansteckungen statt? Zu Hause! Ganze 67 Prozent aller Ansteckungen passieren in den eigenen vier Wänden.
Ein Komiker sagte gestern im Fernsehen, dass man daher wahrscheinlich statt die Schwimmbäder zu schließen, lieber die Menschen aus ihren Häusern evakuieren und in die Schwimmbäder bringen sollte. Trotz dieser verflixten Situation konnte ich mir das Lachen nicht verkneifen.

Heute sollen nun einige Entscheidungen getroffen werden, dabei geht es auch um die Zukunft der Restaurants. Werden sie ab morgen nur noch Lieferungen machen dürfen? Und was passiert, wenn der Corona-Ausschuss heute alle Entscheidungen der Regierung umdrehen wird? Und was passiert am kommenden Wochenende? Werden wir in unseren Häusern bleiben müssen (wo ja 67 Prozent der Virusinfizierungen stattfinden), oder werden nur die Geschäfte und Attraktionen wie Museen und Zoos geschlossen? Und was ist mit den Stränden und Schwimmbädern (wo nur etwa 0,4 Prozent der Ansteckungen mit dem Virus stattfanden), werden sie geschlossen werden? Netanjahu hatte schon angekündigt, dass er die revoltierende Corona-Ausschussvorsitzende Sasha-Biton von ihrem Posten befreien möchte.
Es gibt also viel Unruhe, die eine ernste Auseinandersetzung mit der Krise fast unmöglich macht. Auch ist man seit Tagen nach der Suche eines sogenannten „Corona-Befehlhabers“, der an der Spitze im Kampf gegen Corona stehen soll. Doch auch die Suche nach einen passenden Kandidaten hat nur noch mehr Unruhe gebracht, unsere Politiker haben noch immer das Problem, auf ihr Ego zu verzichten.
Und was ist mit dem versprochenen Schweigegeld? Die angekündigten 750 Schekel pro Bürger sind in den Berichten schon auf 400 oder 500 Schekel geschrumpft. Na, ich bin gespannt.
So, ich glaube, ich habe für heute genug Dampf abgelassen. Vielleicht bin ich ja auch zu kritisch mit unserer Regierung, die hier mit etwas zu tun hat, was es noch nie gegeben hat, also nicht in dieser Größenordnung. Aber unsere Politiker sollten aufhören, die Situation für ihre eigenen Interessen zu nutzen. Jetzt muss man gemeinsam an einem Strang ziehen.
Ob unser Sohn nun am Wochenende kommen kann, das wissen wir noch nicht, vielleicht werden wir heute Abend klüger sein. Sonst machen wir eben einen weiteren Ausflug nach Tel Aviv, was ja auch nicht schlecht ist.
Und hier ist das Wetter für heute in Israel:
Meist heiter und etwas “kühler” als gestern, aber natürlich noch immer heiß, wie es sich für den Sommer in Israel gehört. Für heute werden folgende Höchsttemperaturen erwartet: Jerusalem 30 Grad, Tel Aviv 30 Grad, Haifa 28 Grad, Tiberias am See Genezareth 37 Grad, am Toten Meer 38 Grad, Beersheva 35 Grad, Eilat am Roten Meer 42 Grad. Der Wasserpegel des See Genezareth ist um einen halben Zentimeter gesunken und liegt jetzt bei – 209.485 m unter dem Meeresspiegel, es fehlen 48,5 Zentimeter bis zur oberen Grenze!
Wie Sie vielleicht durch das obige Bild schon erkannt haben, sitze ich seit heute wieder zu Hause in Modiin, anderthalb Monate nach der gefeierten “Rückkehr in den Alltag”. Wie lange das so sein wird, werden die nächsten Tage zeigen. Im Namen aller meiner Kollegen von Israel Heute wünsche ich Ihnen einen angenehmen Tag, bleiben Sie gesund.
Schalom aus Modiin!
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