Den Ursprüngen Jerusalems auf der Spur

Im „City of David National Park“ werden Ausgrabungen aus der antiken Vergangenheit durch eine Reihe von Aufsehen erregender Entdeckungen zum Leben erweckt.

von Marion Fischel | | Themen: Archäologie, Jerusalem
Das Ausgrabungsgelände des Givati-Parkplatzes neben dem „City of David National Park“, gegenüber den Mauern der Altstadt, die das Gelände der Al-Aqsa-Moschee umgeben (14. Juli 2019). Foto: Hadas Parush/Flash90

(JNS) Als König David Jerusalem etwa 1000 v. Chr. von den Kanaanitern eroberte, war es eine kleine Stadt, die auf einem Bergrücken lag, der heute als Berg Zion bekannt ist.

Vor kurzem stand ich mit einer Gruppe im „City of David National Park“, südlich der heutigen Altstadtmauern, und untersuchte eine Ecke dessen, was sehr wahrscheinlich der Palast von König David gewesen ist.

Unser Führer, Yehuda Deutsch, fragte uns, warum wir glaubten, dass David seine Stadt an diesem Ort gründete.

Nachdem er einfühlsam die zutreffenden Teile unserer Antworten von denen, die nicht der Realität entsprachen, getrennt hatte, stellte er die nächste Frage:

„Was sind die beiden wichtigsten Grundvoraussetzungen für das Bestehen einer Stadt in der Antike?“

Die Antworten liefen hinaus auf: „Wasser und Sicherheit“.

Deutsch zeigte auf den Südhang des Berges Morija: „Dort unten, unter den Wurzeln der Palme hinter dem roten Ziegeldach gibt es eine Quelle, die im Durchschnitt 100 Kubikmeter Wasser pro Stunde produziert“, erklärte er.

Es handelt sich um die berühmte Gihon-Quelle, die einzige Wasserquelle im alten Jerusalem, durch die David seine Armee führte, um die Stadt in einem Überraschungsangriff einzunehmen.

Laut dem ersten Buch der Könige ist die Gihon-Quelle der Ort, an dem der Prophet Nathan und der Hohepriester Zadok im Jahr 962 v. Chr. Davids Sohn Salomo krönten. Die große Leistung Salomos war der Bau des Ersten Tempels, der mehr als 400 Jahre lang auf dem nahe gelegenen Berg Morija stand.

Irgendwann im achten oder neunten Jahrhundert ließ Salomos Nachfahre, König Hiskia, einen Kanal in den Felsen unter der Stadt Davids schlagen, um die Wasserversorgung des Tempels und der umliegenden Bewohner im Falle einer feindlichen Invasion sicherzustellen. Der Hiskia-Tunnel leitet das Wasser aus dem Gihon in das Süßwasserreservoir Siloam (Teich Siloah).

Kleine Jungen spielen im Teich Siloah und im Hiskia-Tunnel im „City of David National Park“ (21. Juli 2019). Foto: Hadas Parush/Flash90.

Die Frühlingszitadelle

Die Frühlingszitadelle ist eine riesige, 3.800 Jahre alte, kanaanitische Festung. Hier wurde Salomo zum König gekrönt. Nach 15 Jahren Ausgrabungsarbeit wurde dieser feierliche Ort freigelegt.

Die Festungsmauern, mit denen die Gihon-Quelle als Wasserquelle der Stadt isoliert und geschützt wurde, sind sieben Meter breit. Jeder einzelne Stein misst 2 bis 3 Meter.

Die Quellen-Zitadelle war bis zur Zerstörung des Ersten Tempels durch die Babylonier im Jahr 586 v. Chr. in Betrieb und ist vermutlich die größte Festung, die im Land Israel bis zur Zeit des Herodes gebaut wurde.

Deutsch zeigt auf einen Berg gegenüber: „Wenn man sich den Berg dort drüben ansieht, dann erkennt man, dass man den Hang heute einfach besteigen kann. Aber vor Tausenden von Jahren gab es nur eine Reihe von Klippen, eine über der anderen: Klippe, Fläche, Klippe, Fläche. Das heißt, dass eine feindliche Armee, die die Stadt erobern wollte, etliche Klippen erklimmen musste, um die Mauer zu erreichen.“

Vor einem halben Jahrtausend schränkte der osmanische Sultan „Süleyman der Prächtige“ den Zugang zur Stadt noch mehr ein, indem er die Stadtmauern der heutigen Altstadt errichtete.

„Diese Mauern sind jung“, erläutert Deutsch. „Wir hingegen befinden uns hier in der alten Stadt.“

 

Ein überraschender Fund

Deutsch, der seit 16 Jahren Führungen in der Davidsstadt leitet, erklärte, dass Königin Victoria im Jahr 1867 Sir Charles Warren beauftragte, in der Umgebung des Berges Morija zu graben. Aufgrund der von den Osmanen auferlegten Beschränkungen konnte er nur am Südhang graben und stieß dort auf die Stadt Davids und den Hiskia-Tunnel.

Er entdeckte eine massive Befestigungsanlage und fand einen senkrechten Schacht, der zu einem höher gelegenen, von Menschen gebauten, Tunnel führt und die Gihon-Quelle mit dem Gipfel des Hügels verbindet. Ihm zu Ehren wurde der Schacht „Warrens Schacht“ genannt.

Der Hiskia-Tunnel, ein unterirdischer Wasserkanal, der im „City of David National Park“ zum Teich Siloah führt (28. Juli 2019). Foto: Hadas Parush/Flash90.

Warrens Ausgrabungen brachten der Stätte weltweite Aufmerksamkeit, so dass und auch Frankreich, Deutschland und die USA Expeditionen nach Israel schickten. Knapp 100 Jahre später setzte in den 1960er Jahren die nächste Welle archäologischen Interesses ein und verstärkte sich nach dem Sechs-Tage-Krieg.

Im Jahr 2005 kehrte die verstorbene Eilat Mazar, eine ehemalige Archäologiestudentin, die von 1981 bis 1985 an der Ausgrabung der „Yigal Shiloh’s City of David” mitgearbeitet hatte, als anerkannte Archäologin an die Stätte zurück. Sie verfügte über finanzielle Mittel für weitere Ausgrabungen.

Mazar entdeckte zunächst eine 4 Meter dicke Mauer, die auf der Spitze des Berges von Osten nach Westen verlief. Dann entdeckte ihr Team eine weitere, 6 Meter breite, Mauer, die von Norden nach Süden verläuft.

Dort, wo diese beiden Mauern zusammentreffen, bilden sie eine Ecke eines Gebäudes, das dem Durchmesser der Steine nach zu urteilen kein Privathaus war. Mazar datierte diese Ecke auf das 10. Jahrhundert v. Chr., also mehr als 3.000 Jahre zurück, in die Zeit von David und Salomo.

Könnte die Stelle, an der diese beiden Mauern zusammentreffen, eine Ecke des Palastes von König David sein?

 

König Zedekia

Deutsch erklärte, dass die nachfolgenden Generationen der David-Dynastie diesen Palast weiter bewohnt hätten.

Daher wäre es naheliegend, Beweise für den letzten König von Juda zu finden, der das Gebäude genutzt haben könnte, nämlich König Zedekia.

2007 fand Mazar in der Nähe dieser Ecke zwei verkohlte Keramiksiegel, die aus der Zeit der Zerstörung des salomonischen Tempels stammen. Jedes ist mit einem hebräischen Namen beschriftet: Yehucal ben Shelemiah und Gedaliahu ben Pashchor.

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen diesen Siegeln und dem Palast von David?

In den Tagen des Königs Zedekia sagte der Prophet Jeremia die Zerstörung der Stadt voraus. Die Bibel erzählt, dass Zedekia über diese Nachricht so wütend war, dass er vier seiner Minister anwies, Jeremia in eine Grube zu werfen.

Zwei der Namen dieser Diener stimmen mit den Namen überein, die auf den erhaltenen Siegeln stehen: Yehucal ben Shelemiah und Gedaliahu ben Pashchor.

Um endgültig sicherzustellen, dass die Mauer-Ecke zum Palast von König David gehörte, sind weitere Ausgrabungen nötig.

Allerdings stammt ein in der Nähe entdeckter Giebel, der heute im Israel-Museum ausgestellt ist, ebenfalls aus der Zeit Davids. Eine Nachbildung des Originals hängt jetzt gegenüber der Ecke des vermuteten Palastes. Eine Gravur desselben Motivs findet sich auf der aktuellen israelischen Fünf-Schekel-Münze.

Ein Giebel aus der Zeit des Königreichs Juda – der Zeit des Ersten Tempels, der auf der Fünf-Schekel-Münze abgebildet ist, wird am 3. September 2020 im „City of David National Park“ in Jerusalem ausgestellt. Bild: Olivier Fitoussi/Flash90.

Die Überreste eines Privathauses mit vier Räumen aus der Zeit des Ersten Tempels liegen am Fuß des mutmaßlichen Palastes von David. Zwei der Säulen des Hauses stehen noch.

Eine Vitrine in der Nähe zeigt ein Modell des zweistöckigen Hauses, das noch intakt ist. Ähnliche vierräumige Gebäude finden sich überall im Land in archäologischen Stätten aus dieser Zeit, etwa 970 – 586 v. Chr.

Der Besitzer war offensichtlich ein reicher Mann, erklärt Deutsch, denn seine Wohnung lag in der Nähe des Königspalastes und verfügte über eine private Toilette mit einem separaten Eingang in einem zusätzlichen Raum im Erdgeschoss.

Die Toilette enthielt 2.600 Jahre alte Bakterien, die zeigen, dass die letzte Person, die sie benutzte, einen grünen Salat und ungekochtes Fleisch gegessen hatte (vermutlich hatte sie keine Zeit mehr zum Kochen, bevor sie vor den Flammen floh, die die Stadt verschlangen, so Deutsch).

 

11 verschiedene Zivilisationen

Die Ausgrabungsstätte auf dem Givati-Parkplatz westlich des Eingangs zur Davidsstadt hat sich zur größten aktiven archäologischen Stätte Jerusalems und zum Bewahrer von Hinweisen auf elf verschiedene Zivilisationen entwickelt.

Im Jahr 2008 wurde bei den Ausgrabungen das Untergeschoss einer großen römischen Villa freigelegt, die vermutlich der assyrischen Königin Helene gehörte. Sie konvertierte zum Judentum und zog in der Zeit des Zweiten Tempels nach Jerusalem. Ein einzelner goldener Ohrring, der mit Perlen und Edelsteinen besetzt war und möglicherweise ihr gehörte, wurde ebenfalls gefunden.

Im selben Jahr wurde bei der Ausgrabung ein Versteck mit 264 Goldmünzen entdeckt, das in einer Wand eines byzantinischen Gebäudes versteckt war. Experten datierten die Münzen auf das Jahr 613 n. Chr., kurz vor der Zerstörung der Stadt durch die Perser. Dies sind nur zwei von vielen herausragenden archäologischen Funden im „City of David National Park“.

 

Eckdaten zur „City of David“-Tour

Die Tour durch die „City of David“ (ganzjährig geöffnet, außer am Schabbat und an Feiertagen) beginnt auf der Aussichtsplattform des Besucherzentrums mit einem Panoramablick in die Geschichte. Anschließend geht es durch die antike Stadt Davids hinunter in das Kidrontal, wo sich die Gihon-Quelle befindet.

An der Quelle teilt sich die Tour in eine „trockene Route“ (entlang eines fast 4.000 Jahre alten kanaanäischen Tunnels aus der Zeit Abrahams) und eine „feuchte Route“ (durch den Hiskia-Tunnel). Beide enden am Teich Siloah.

Die Fundstelle eines Palastes im „City of David National Park“ mit Blick auf den östlichen Jerusalemer Stadtteil Silwan im Hintergrund (4. August 2019). Foto: Hadas Parush/Flash90.

Wenn Sie die „feuchte Route“ nehmen möchten, sollten Sie wasserfeste Schuhe und eine Taschenlampe mitbringen (auch am Kiosk des Besucherzentrums erhältlich).

Eine andere Tour, die ebenfalls am Besucherzentrum beginnt, führt durch ein anderes Tunnelsystem hinauf zur Klagemauer. Und nachts lädt die Hallelujah-Show, die auf beide Seiten der Davidsstadt projiziert wird, zu einer farbenfrohen Reise durch die Wiedergeburt Jerusalems nach dem babylonischen Exil ein.

In einem sehr engen 2.000 Jahre alten Tunnel aus der Zeit des Zweiten Tempels, der als Regenwasserabfluss für die antike Stadt diente, mussten wir uns an einigen Stellen bücken, um uns nicht den Kopf an der Decke zu stoßen.

Die Pilgerstraße in der Davidsstadt im Ost-Jerusalemer Stadtteil Silwan (6. Januar 2020). Foto: Yonatan Sindel/Flash90.

Ich kann mir nur ansatzweise die Panik, die Angst und das Entsetzen – aber auch die Hoffnung – vorstellen, die die Juden empfunden haben müssen, als sie versuchten, auf diesem Weg vor der römischen Invasion zu fliehen.

Oben drüber wartet die Pilgerstraße aus herodianischer Zeit, die die Pilger nach Norden zum Tempel führte, auf ihre Enthüllung für die Öffentlichkeit.

Nach 15 Jahren mühsamer und fruchtbarer Arbeit in der Davidsstadt haben die Archäologen Ronny Reich von der Universität Haifa und Eli Shukron von der „Israel Antiquities Association“ im vergangenen Jahr einen bahnbrechenden Bildband veröffentlicht:

„Excavations in the City of David, Jerusalem“ (Ausgrabungen in der Stadt Davids, Jerusalem) (1995 – 2010).

Die Ausgrabungen werden fortgesetzt und Besucher haben die Möglichkeit, sich daran zu beteiligen.

 

Dieser Artikel wurde zuerst von Israel21c veröffentlicht.

 

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