Das Glas ist immer noch zerbrochen

Es ist an der Zeit, den Schaden zu reparieren, den Christen den Juden zugefügt haben.

von Charles Gardner | | Themen: Christen
Christen
Israelische Soldaten nehmen am 18. April 2023, dem Holocaust-Gedenktag, an einer Zeremonie in der Halle der Erinnerung im Holocaust-Museum Yad Vashem teil. Foto von Erik Marmor/Flash90

Wir nähern uns dem 85. Jahrestag der Kristallnacht. Dieser Tag war ein Vorgeschmack auf den kommenden Holocaust, der ein Weckruf für Europa hätte sein sollen. Es wäre angebracht, die Lehren zu ziehen, die wir damals so kläglich versäumt haben. Ein 25 Jahre alter Artikel, der von einem Augenzeugen jener schicksalhaften Nacht der zerbrochenen Scheiben geschrieben wurde, hat meinen Geist wieder auf einige zutiefst beunruhigende Anzeichen dafür aufmerksam gemacht, dass sich nicht viel geändert hat – selbst unter evangelikalen Christen. Auf den Artikel wurde ich aufmerksam, lange bevor die aktuelle Empörung über das Hamas-Massaker vom 7. Oktober ausbrach.

Fritz Voll, die Quelle meines früheren Artikels über die Mitschuld der deutschen Pfingstkirche am Holocaust durch die Unterstützung von Hitlers Rassengesetzen in den späten 1930er Jahren, war gerade acht Jahre alt, als er den Brand einer Synagoge schräg gegenüber seinem Haus in Arnswalde beobachtete.

Er war sich der Notlage der Juden nicht bewusst, wurde aber später ein eifriger Kämpfer für die Wiedergutmachung des Antisemitismus, insbesondere unter seinen christlichen Mitbürgern.

Seine Eltern bezeichnete er als Evangelikale mit pfingstlicher Ausrichtung, und seine Familie besuchte die deutsche Pfingstkirche, die, wie er sagte, ein “Auswuchs der Heiligungsbewegung aus England” war.

Wie ich bereits in meinem Artikel „Eine schockierende Enthüllung“ dargelegt habe, verabschiedete diese Kirche 1938 eine Resolution, die im Wesentlichen die Pläne der Nazis zur Deportation aller Juden aus dem Land unterstützte, obwohl dies lange vor Inkrafttreten der “Endlösung“ geschah.

Als Pfingstler war ich besonders schockiert, als ich davon erfuhr, denn von Menschen, die behaupten, eine mächtige Begegnung mit dem Heiligen Geist erlebt zu haben, sollte man mehr erwarten.

In einem Artikel mit dem Titel „Autobiographische Betrachtungen über die Nacht des 9. November 1938 und darüber hinaus“, der auf der Webseite Jüdisch-Christliche Beziehungen veröffentlicht wurde, fragte Fritz: „Wo waren die Christen in Deutschland? Nur sehr wenige haben überhaupt für die Juden gebetet. Während meiner ganzen Kindheit habe ich in den evangelischen Kirchen, die wir besuchten, kein einziges Gebet für das jüdische Volk gehört… Und als wir sie nicht mehr sahen, weil sie in den Lagern in den Tod geschickt wurden, warum haben wir das nicht bemerkt?“

Er schrieb auch: „In der Sonntagsschule und in der Kirche wurden wir nur über die Juden des sogenannten Alten Testaments unterrichtet und über diejenigen, die angeblich für den Tod von Jesus und seinen Nachfolgern verantwortlich waren.“

Das beunruhigt mich zutiefst, und zwar nicht, weil ich diese Fragen noch nie gehört habe, sondern weil ich so wenig Veränderung in der Haltung sehe, obwohl es einige positive Anzeichen gibt, da sich viele neu um die Notlage der Juden im Vereinigten Königreich und anderswo sorgen. Aber im Allgemeinen – und ich habe über 50 Jahre lang evangelikale und pfingstliche Kirchen im Vereinigten Königreich erlebt – ist das oben beschriebene Szenario der deutschen Kirche das, was ich in Großbritannien immer noch sehe.

Der internationale Holocaust-Gedenktag, den unser ehemaliger Premierminister Tony Blair so hilfreich eingeführt hat, ist eine perfekte Gelegenheit für Christen und andere, sich an die Seite des jüdischen Volkes zu stellen, das uns so viele geistliche Segnungen geschenkt hat. Aber jedes Jahr am 25. Januar, dem Tag, an dem Auschwitz im Jahr 1945 von der Roten Armee befreit wurde, höre ich in der Kirche nicht einmal einen Hinweis darauf, geschweige denn ein Gebet.

Und doch hat unser (säkularer) Gemeinderat aus diesem Anlass einmal eine Veranstaltung zur Unterstützung unserer kleinen jüdischen Gemeinde organisiert. Es waren ein paar einzelne Christen dabei, aber die Kirchengemeinden scheinen zu denken, dass das nichts mit ihnen zu tun hat, wodurch das jüdische Misstrauen gegenüber dem Evangelium, das den Christen angeblich am Herzen liegt, vertieft wird.

Fritz Voll erinnerte sich auch an eine Gelegenheit im Jahr 1984, als er bei der Einweihung einer neu gebauten orthodoxen Synagoge sprach – ich glaube, in Kanada, den genauen Ort weiß ich nicht. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt, allerdings ohne einen einzigen Vertreter der über 300 christlichen Gemeinden in der Stadt.

Er schrieb: Wenn ich an die Geschichten denke, die ich von jüdischen Überlebenden (des Holocaust) gehört habe, frage ich mich, wie ich als Christ überleben kann, wie das Christentum überleben kann, wenn es seinen uralten Antijudaismus nicht bereut.“

Bezeichnenderweise erinnerte er sich daran, dass seine Eltern erwähnten, dass es neben dem Codewort für Gewalt gegen Juden (d. h. Kristallnacht) ein weiteres Codewort für Gewalt gegen Christen (Reichssternennacht) gab. Aber er konnte nie herausfinden, ob dies tatsächlich der Plan der Nazis war – nämlich nach den Juden auch die wahren Christen zu vernichten.

Heute sehen wir nur allzu deutlich, dass die islamischen Fundamentalisten (die mit den Nazis zusammenarbeiteten) ebenso gegen die Christen wie gegen die Juden sind. Ist es nicht an der Zeit, dass wir uns in der Stunde der Not auf die Seite der Brüder Jesu im Fleisch stellen?

Denn er wird sicherlich sagen: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25,40)

Diejenigen aber, die es versäumten, ihnen zu helfen, werden die ewige Strafe erleiden (Vers 46). Christen, wacht auf!

 


Charles Gardner ist Autor folgender Bücher: „Israel the Chosen“, erhältlich bei Amazon; „Peace in Jerusalem“, erhältlich bei olivepresspublisher.com und „A Nation Reborn“, erhältlich bei Christian Publications International.

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4 Antworten zu “Das Glas ist immer noch zerbrochen”

  1. Ulrich Hildebrandt sagt:

    Amen, Amen. Ich allerdings bin in Gemeinden aufgewachsen, in denen immer wieder an die Schuld der Deutschen und der Christen an den Juden erinnert und zutiefst Buße getan wurde. Das Kapitel ist aber bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Die Jugend muss ran, die nächste Generation muss wissen und erkennen, dass man gegenüber den Geschädigten eine bleibende Verantwortung für die Taten der Väter hat, auch wenn man eben nicht selbst aktiv schuldig geworden ist. Und es darf nicht bei einem sich selbst verkrümmenden schlechten Gewissen und einer “Böse-Sünder-Mine” bleiben, damit ist niemandem gedient. Wir müssen begreifen, welchen bleibenden Schaden wir angerichtet haben und welche Haltung Paulus den Christen gegenüber den Juden aufzeigt. Und dazu muss man übrigens auch seine Bibel kennen; eines der Hauptprobleme der Christen.

  2. Ulrich Hildebrandt sagt:

    Wir reden heute über 1400 getötete Zivilisten am 7. Oktober – eine riesige Menge von Menschen – und was dies für einen Sturm entfacht hat! Wenn man sich jetzt einmal vergegenwärtigt, wie viele Juden von den Deutschen umgebracht wurden – man glaubt kaum seinen Augen trauen zu können, es wird einem schwindlig: 6Mio! Die Zahl ist gut belegt. Im Angesicht der 1400 schwindet hier jede Vorstellung; die Zahl ist beinahe irreal. – Wenn man nun einmal bedenkt, was für ein Leid diese 1400 hervorgerufen haben – was haben dann 6 Mio. für ein Loch in die Seele des jüdischen Volkes gerissen? Wie könnte man als Deutscher, auch wenn es 3 Generationen her ist, Anbetracht dessen heute sagen: “Das geht mich doch nichts an, war alles vor meiner Zeit, damit habe ich nichts zu tun”? Für die Angehörigen, denen hier ganze Familien geraubt wurden, bleiben klaffende Lücken zurück. Kann so etwas und in solcher Größenordnung überhaupt jemals vergessen, vorbei, “wieder gut” oder “in Ordnung” sein?

  3. lotharkempf sagt:

    Nicht nur “Christen”, jene, die eher nur “Kirchler” sind; sondern auch:

    Juden wacht auf und erkennt endlich den Messias.

    Ist es nicht so:
    Die Christen sind zu dumm ihre älteren Brüder anzunehmen
    und die Juden sind zu dumm ihren Messias zu erkennen . . . . ??

    Man könnte es auch anders nennen:
    Kirchler befreit euch aus den religiösen Genossenschaften und haltet euch allein an das Wort . . . .
    und:
    Juden befreit euch von hemmenden Rabinertum und nehmt die Brit Chadasha an, von der bekehrte Rabbiner sagen, sie wäre ein zutiefst jüdisches Buch !

    Shalom 🙂

  4. Apache sagt:

    Ein schwieriges Thema mit viel Leid verbunden, zur Korrektness mus man das Leid der Christen gegenüber stellen.
    Wie viele wurden von dem IS massakriert, ist erst ein par Jahre her.
    Ruanda vergessen?
    Laut ofiziellen Bericht des Vatikan, sind nach 1945 mindestens 250 Millionen Christen ermordet worden. Eine sehr hohe Zahl.
    Vor 1945, zum Beispiel bei der Bartholomäusnacht in Frankreich, oder die Deportation von misionierten Christlichen Indianerstämmen in die Resevate, nur wenige haben das überlebt, nicht mit eingerechnet!
    Eine lange Liste; nur Jesus Christus weiß wie viele es sind. Denn diese stehen vor seinem Thron und beten Ihn an.

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