
Vor wenigen Tagen hat unsere Tochter ein altes schwarzweiß Foto von Anat und mir gefunden. Wir stehen uns Arm in Arm gegenüber, am Strand mit Bergen im Hintergrund und einer wunderschönen abendlichen Wolkenformation. Die Sonne blitzt dazwischen und das Wasser glitzert. „Was für ein romantischer und pastoraler Moment“, meinten unsere Kinder. Anat und ich haben uns angeschaut und geschmunzelt. „Kinder, was ihr auf dem Foto seht, war nicht das, was ihr euch vorstellt“, erklärten wir. Das am Strand von Taba, im Sinai. Es war kurz vor dem Armeedienst. Wir haben uns gekracht. Und wie! Freunde von uns haben uns ohne unser Wissen fotografiert und das Foto später zugeschickt. Wir haben das Foto jahrelang aufgehoben, bis es einmal verschwand und nun wiedergefunden wurde. Dieses Foto begleitet uns, seitdem wir zusammen sind. Ein Foto, das bisher alle irritiert hat, denn keiner kennt unseren traumhaften Moment am Strand. Was aus der Ferne idyllisch und schön aussieht, ist in der Realität ganz anders gewesen. Man sagt „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Aber in diesem Fall trifft das Bild nicht auf die richtigen Worte.
Und das bringt mich zum Punkt, was ich immer mehr im politischen Leben wie auch in der biblischen Geschichte verstehe. Nicht alles, was vor unseren Augen abläuft, ist so wie wir es uns vorstellen oder interpretieren. Vieles um uns ist wie eine optische Täuschung. Es wird so viel über den Nahost-Konflikt und Israel berichtet. Alle berichten und fotografieren die Realität im Land aus ihrer Sicht. Und im Ausland bilden sich Menschen daraus ihre Meinung. Aber die stimmt oft mit der wahren Begebenheit nicht überein. Menschen bilden sich so ihre eigenen Bilder über die Politik im Land. Das ist normal und aus diesem Grund empfehle ich meinen Kindern, aber auch Euch, manches kritischer zu betrachten. Nicht generell negativ, sondern positiv, um der Wahrheit näherzukommen. Ich verstehe, dass nicht alles nur eine Seite hat und gerade deswegen soll man sich erkundigen. Auch uns gegenüber.
In Bezug auf die Bibel lesen Menschen den Text aus ihrem Verständnis heraus. Sie legen den biblischen Text ihrer Überzeugung und ihres Weltbildes gemäß aus. Das erklärt auch, warum Menschen die Bibel unterschiedlich verstehen. Die einen erkennen in der Bibel Jesus als den Messias, die anderen nicht. Im Judentum wie auch im Christentum sind sich die Gläubigen über den biblischen Inhalt oft uneinig, was über die Jahrhunderte hinweg zu theologischem Streit führte. Deswegen haben sich in den Religionen immer verschiedene Strömungen gebildet, obwohl man eigentlich an dieselben Bücher glaubt.
Umso mehr reizt dies mich und andere in der Redaktion, den biblischen Text auseinander zu nehmen, um dem Moment näherzukommen. Natürlich ist das auch für uns begrenzt, da diese Momente 2000 Jahre und mehr zurückliegen. Aber wenigstens besteht dafür der Drive. Um den Moment so zu verstehen, wie er wirklich war, muss entweder der Fotograf oder der Schreiber den Moment illustrieren. Und genau dasselbe löst der Messias mit seinem Kommen für die Juden oder der Wiederkehr für die Christen. Er wird uns dann alles ausführlich erklären, was in den biblischen Momenten ablief. Aber dies wird wahrscheinlich in der Euphorie der Erlösung weniger wichtig sein.
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