Missionar in Israel verhaftet

Außergewöhnliche Verhaftung wirft erneut Fragen zu Missionierung und Religionsfreiheit im jüdischen Staat auf

von Joshua Pex | | Themen: Christen
Foto: Illustration - Yossi Zamir/Flash90

Ein Mann ist dabei gefilmt worden, wie er einem 6-jährigen Kind in Ashdod eine christliche Broschüre überreicht hat. Nach Beschwerdeeingang einer Anti-Missionars-Organisation wurde er von der örtlichen Polizei festgenommen.

Was bedeutet das für einheimische und ausländische Christen sowie messianische Juden?

Israel Heute hat dazu Anwalt Joshua Pex befragt, einen israelischen Einwanderungsanwalt. Wir wollten insbesondere wissen, ob missionarische Aktivitäten in Israel legal sind oder nicht. In diesem Artikel erklärt Pex die Konsequenzen bezüglich des Verdachts auf missionarische Aktivität in Israel für Besucher, die als Touristen nach Israel einreisen wollen, oder für Besucher, die sich hier in Israel aufhalten. Missionarische Tätigkeit in Israel ist ein kontroverses Thema, da die populären Medien und die Öffentlichkeit oft mit Fehlinformationen überhäuft werden.

 

Israel ist ein jüdischer und demokratischer Staat

Israel wurde 1948 auf der Grundlage einer Resolution der Vereinten Nationen gegründet, als nationale Heimat für das jüdische Volk. Die israelische Unabhängigkeitserklärung, die von David Ben Gurion, Israels erstem Premierminister, und den Gründungsvätern der Nation verfasst wurde, besagt Folgendes:

„Israel wird allen seinen Einwohnern ohne Unterschied der Religion, der Rasse oder des Geschlechts völlige Gleichheit der sozialen und politischen Rechte gewährleisten; es wird Religions-, Gewissens-, Sprach-, Bildungs- und Kulturfreiheit garantieren; es wird die heiligen Stätten aller Religionen schützen; und es wird den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen treu sein.“

Man beachte, dass Israel keine Verfassung hat. Eine Reihe von Grundgesetzen erfüllt jedoch eine ähnliche Rolle als Leitfaden für gesetzgeberische Bestrebungen und gerichtliche Interpretationen. Im Jahr 1992 verabschiedete die Knesset das Grundgesetz: Human Dignity and Liberty (Menschenwürde und Freiheit), das Israel als einen „jüdischen und demokratischen“ Staat deklariert. Der Oberste Gerichtshof Israels entschied, dass die grundlegenden Menschenrechte – wie das Recht auf Religions- und Gewissensfreiheit sowie Redefreiheit und freie Meinungsäußerung – in Israel geschützt sind, da sie ein wesentlicher Teil der Menschenwürde einer Person sind.

 

Statistik – Israel ist ein jüdischer Staat mit großen religiösen Minderheiten

Laut dem vom israelischen Zentralamt für Statistik veröffentlichten Bericht vom Januar 2017 hat Israel 8,6 Millionen Einwohner.

  • 74,8% sind im israelischen Bevölkerungsregister als jüdisch registriert;
  • 20,76 % sind als Araber registriert, meist Muslime, etwa 10% der arabischen israelischen Bevölkerung sind Christen;
  • 4,5 % (384.400 Israelis) werden als religionslos, als nicht-arabische Christen oder als Angehörige anderer Religionen geführt.

 

Die Religionsfreiheit in Israel beinhaltet das Recht, seine Ansichten frei zu verbreiten

Israel ist ein jüdischer und demokratischer Staat; daher spiegeln die Gesetze sowohl die jüdischen rabbinischen Traditionen wider, als auch die Verpflichtung zu internationalen Konventionen und Normen bezüglich der Menschenrechte und Freiheiten. Staatliche Organe wie die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden wahren das Recht auf freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit für Minderheiten in Israel.

Zum Beispiel entschied das Magistratsgericht im Fall Ornan (1987):

„Die Verbreitung von Meinungen durch das Verteilen von Flugblättern an Passanten auf öffentlichen Plätzen verdient besondere Anerkennung und den Schutz des Gerichts, da es nicht nur die billigste Methode ist, Meinungen zu verbreiten, sondern auch, weil es manchmal die einzige Möglichkeit der Meinungsäußerung für die schwächeren Teile der Gesellschaft und Bürger aus den unteren sozialen und wirtschaftlichen Klassen ist, die keine Mittel für die Massenmedien haben.“

 

Grenzen der Religionsfreiheit – welche missionarischen Aktivitäten in Israel nicht erlaubt sind

Die Frage nach missionarischer Tätigkeit in Israel stellt sich meist im Zusammenhang mit christlichen Organisationen oder messianisch-jüdischen Gruppen wie „Juden für Jesus“. Der Grund dafür ist, dass diese Gläubigen oft die Evangelisation an das jüdische Volk in Israel als einen grundlegenden Teil der Äußerung ihres Glaubens sehen.

In Israel ist es legal, seine Weltanschauung auszudrücken, einschließlich religiöser Überzeugungen, auch wenn diese nicht von der Mehrheit der Öffentlichkeit akzeptiert werden. Die Ausnahme von dieser Regel ist das, was in Israel als „Missionsgesetz“ bekannt ist. Das „Gesetz“ besteht eigentlich aus zwei separaten Abschnitten des israelischen Strafgesetzbuches:

  1. Abschnitt 174 des Strafgesetzbuches – 1977, verbietet einer Person, einen anderen durch materielle Vorteile zum Wechsel seiner Religion zu überzeugen.
  2. Abschnitt 368 des Strafgesetzbuches, verbietet es, einen Minderjährigen (unter 18 Jahren) zu überreden oder zu ermutigen, seine Religion zu wechseln. Dieses Gesetz verbietet auch die Durchführung einer Übertritts-Zeremonie für einen Minderjährigen ohne die Zustimmung beider Elternteile.

Es ist wichtig anzumerken, dass es Fälle gegeben hat, in denen die Polizei Personen angehalten und inhaftiert hat, die illegaler missionarischer Aktivitäten in Israel beschuldigt wurden. Bislang jedoch wurde niemand im Sinne dieser Gesetze angeklagt oder verurteilt. Die antimissionarische Aktivität der Behörden findet also größtenteils in Form von Kontrollen durch die Einwanderungsbehörden und durch die Beschränkungen des Innenministeriums für Alijah gegenüber missionarischen Aktivisten oder solche, die unter dem Verdacht stehen, an missionarischen Aktivitäten in Israel beteiligt zu sein, statt.

 

Verweigerung der Einreise nach Israel aufgrund des Verdachts auf missionarische Tätigkeit

Die israelischen Grenzkontrollbeamten sind befugt, ausländischen Besuchern, die als Touristen nach Israel einreisen möchten, die Einreise nach Israel zu genehmigen oder zu verweigern. Die Grenzkontrollbeamten haben einen großen Ermessensspielraum, wenn sie diese Entscheidung treffen, einem potenziellen Besucher die Einreise nach Israel zu verweigern. Im Juli 2017 veröffentlichte das Innenministerium eine aktualisierte Liste von Gründen, die zur Verweigerung der Einreise nach Israel führen können. Die häufigsten Gründe sind der Verdacht der illegalen Einwanderung nach Israel oder das Arbeiten ohne israelisches Arbeitsvisum. Natürlich sind auch Sicherheitsbedenken ein gültiger Grund für die Verweigerung der Einreise nach Israel. Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass auch der Verdacht auf missionarische Tätigkeit zum ersten Mal auf die Liste der Gründe für die Verweigerung der Einreise nach Israel gesetzt wurde.

 

Ausweisungen von Touristen aus Israel aufgrund von missionarischer Tätigkeit

Besucher, die mit einem B-2 Touristenvisum nach Israel einreisen, erhalten in der Regel eine Genehmigung zum Aufenthalt in Israel für 3 Monate. Unter bestimmten Umständen kann ein Tourist jedoch auch nach der Einreise nach Israel von der israelischen Einwanderungspolizei verhaftet werden. Nach der Verhaftung wird der Besucher vor ein Einwanderungsgericht gebracht und bekommt eine Ausweisungsverfügung aus Israel ausgehändigt. Danach werden die Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde dazu übergehen, diese Person so schnell wie möglich in ihr Land zurückzufliegen. Es ist in der Vergangenheit vorgekommen, dass Touristen, die Israel besuchten, aufgrund von Anschuldigungen bezüglich missionarischer Aktivitäten aus Israel ausgewiesen wurden. In diesen Fällen hat der Tourist in der Regel an einer öffentlichen Missionskampagne mit einer bekannten Organisation teilgenommen. Diese Aktivität kann Widerstand in der Öffentlichkeit und Beschwerden bei der Polizei hervorrufen. Auch wenn die Anschuldigungen falsch sein mögen, ist es extrem schwierig, den Ausweisungsprozess aufzuhalten, wenn er einmal begonnen hat.

 

Verbot der Alijah für diejenigen, die in Israel missionarisch tätig sind

Es sollte betont werden, dass das Innenministerium besonders misstrauisch gegenüber Christen und messianischen Juden ist, wenn es um Alijah nach Israel geht. Es wird daher empfohlen, sich vor dem Beginn eines solchen Prozesses rechtlich beraten zu lassen. Ungeachtet der rechtlichen Grauzone, die diese Fragen umgibt, wird einer Person, die in Israel aktiv missionarisch tätig ist, mit ziemlicher Sicherheit das Recht auf Alijah verweigert. Dies liegt daran, dass christliche Missionierung illegal ist und als gegen den Zweck des Rückkehrgesetzes verstoßend angesehen wird.

In Übereinstimmung mit dem Rückkehrgesetz ist jede jüdische Person (oder Nachkomme einer jüdischen Person bis zur dritten Generation) berechtigt, den Status eines „Oleh“ (Neueinwanderer) in Israel zu erhalten, wenn man nicht zu einer anderen Religion konvertiert ist. Im Allgemeinen betrachtet der Staat Israel messianische Juden als Christen und jeden Juden, der sich der messianischen Strömung des Judentums angeschlossen hat, als einen Konvertiten zum Christentum. Daher ist die Alijah nach Israel für einen Juden, der zum Christentum konvertiert ist, außerordentlich schwierig. Allerdings gibt es kein gesetzliches Verbot für eine Person, die nach dem jüdischen Gesetz nicht jüdisch ist (keine jüdische Mutter hat), Alijah zu machen. Dies gilt auch, wenn sie einer anderen Religion angehören, solange sie nicht konvertiert sind. Dies gilt auch für messianische Juden, deren Mutter zum Christentum konvertierte, bevor sie geboren wurden.

 


Rechtsanwalt Joshua Pex ist Partner in der Anwaltskanzlei Cohen, Decker, Pex & Brosh

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