Lockdown In Israel

Freie Fahrt mit Ausreden, Alibis & Märchen

von Aviel Schneider |
Checkpoint am Jaffator in Jerusalem Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

Der jüdische Verstand ist bekannt für seine kreativen Ideen und Erfindungen, aber auch für seine Ausreden.

Seit eine vollkommene Ausgangssperre über ganz Israel verhängt worden ist, gibt es auch überall Straßensperren. Gemäß offiziellen Vorschriften haben nur wenige die Genehmigung, zur Arbeit zu fahren oder wegen medizinischen, logischen und anderen erlaubten Gründen unterwegs zu sein. An den Straßensperren fragen die Polizisten die Autofahrer, weshalb sie unterwegs sind, und wer keinen gerechtfertigten Grund hat, muss entweder umdrehen oder ihm wird ein Strafzettel ausgestellt. Grundsätzlich darf man sich von seiner Haustür nicht mehr als 1000 Meter entfernen und ohne Genehmigung oder logischen Grund ist jede Fahrt in eine andere Ortschaft strikt verboten. Doch der Israeli kann grundsätzlich auf das Zusammensein mit seiner Familie und Freunden nicht verzichten. Und wenn diese in anderen Städten wohnen, dann sucht er sich vorher eine passende Ausrede aus, um diese im Notfall den Polizisten vorzulegen.

Jeder wird kontrolliert – Straßensperre auf dem Weg nach Jerusalem

Hier stellen wir euch einige Klassiker aus den israelischen Medien vor, wie auch aus engen Kreisen unserer Freunde, die bereits Erklärungen, Alibis, Märchen und Ausreden für die Polizei erfunden haben. Zahlreiche Autofahrer haben auf ihren Rücksitzen Hunde. Wenn sie an den Sperren angehalten werden, erzählen sie den Polizisten, dass sie dringend zum Tierarzt fahren müssen. Ihrem Hund gehe es nicht gut. „Dabei hüpfte das Hündchen quicklebendig auf dem Rücksitz und wollte nur gestreichelt werden“, erzählte ein Polizist. Einem anderen Polizisten fiel auf, dass viele Autofahrer auf einmal zu Beerdigungen fahren oder davon zurückkommen. Wenn man nach dem Namen des Verstorbenen fragt, stottern viele mit einem Mal oder widersprechen sich. Andere Bürger machen den Polizisten weis, dass sie dringend zur Apotheke fahren müssen, um Medikamente abzuholen. Wenn sie nach einer Bescheinigung für die Medikamente gefragt werden, haben die meisten diese vergessen.

Polizeikontrolle in Jerusalem

Da die Proteste in einer Demokratie wie Israel auch nicht inmitten einer gefährlichen Pandemie abgesagt werden, sind die wöchentlichen Proteste in der Balfour-Straße gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu weiterhin erlaubt. So sieht man nach dem Schabbatausgang riesige Autoschlangen nach Jerusalem hinauf fahren. An den Sperren erzählen die meisten, dass sie ihre demokratische Pflicht im Protest gegen Bibi erfüllen wollen. Auch orthodoxe Juden, ältere Menschen, Familien mit Kindern und Babys und viele mehr, die nicht das übliche Profil der Bibi Gegner ausmachen. Aber dagegen sind die Polizisten hilflos. Orthodoxe Juden haben die Idee bereits weiterentwickelt und bei der Polizei ihre eigenen Proteste angemeldet. Diese sind immer an Schabbat- und Festausgängen, wenn alle wieder nach Hause fahren wollen. „Ich fahre demonstrieren – ist eine gültige Ausrede für alle, nicht nur für die Bibi-Gegner“, sagte mir ein orthodoxer Kollege aus Beitar Elit.

Protest trotz Lockdown – Die Demonstrationen gegen Netanjahu gingen auch am Samstagabend weiter

Viele Geschiedene mit geteiltem Sorgerecht müssen ihre Kinder zu ihren Expartnern fahren. Einer, der sich dieser Ausrede bediente, sagte dem Polizisten, dass seine Ex-Gattin in Rechovot lebt. Aber in seinem Ausweis steht geschrieben, dass er verheiratet ist. Als er dazu Stellung nehmen musste, korrigierte sich der Autofahrer und sagte, sie leben getrennt. „Wir bringen unseren alten Eltern Essen zum Schabbat“, wollte ein Ehepaar dem Polizisten klarmachen. „Seht auf dem Rücksitz die drei Töpfe.“ Aber die Töpfe waren alle leer. Ein Vater mit jeder Menge Kinder im Auto versuchte die Polizisten zu überzeugen, weshalb er alle fünf Kinder mitgenommen habe, um eine Laubhütte und Schmuckkram 40 Kilometer von zu Hause entfernt auszusuchen. „Wie ist dann noch Platz für eine gefaltete Laubhütte in deinem kleinen Auto, das mit Kindern vollgestopft ist“, fragte der Polizist. Jemand anders: „Ich gehe meine Kühe melken“. Dabei wohnt der gute Mann in Beerscheva, angehalten wurde er am Eingang von Tel Aviv. Oder: „Ich habe unsere Hunde zum Ausflug genommen. Wir fahren nach Tiberias“. Ein PKW mit drei Koffern auf dem Dach steht an der Straßensperre. Eltern und vier Kinder im Rücksitz. Zu seiner Verteidigung sagte der Vater, er sei auf dem Weg zur Arbeit. Zehn Uhr abends nach Schabbatausgang in Richtung Jerusalem.

Plötzlich machen alle Sport

Und zum Schluss noch eine kuriose Entwicklung. Corona scheint die Israelis dazu zu animieren, mehr Sport zu treiben. Einzelsport ist auch mehr als 1000 Meter von zu Hause entfernt erlaubt. Darunter fällt joggen, Radfahren und rennen. Aber nicht in Gruppen. Jetzt auf einmal sieht man in Jerusalem mehr als üblich zahlreiche Israelis in bunter Sportkleidung und mit Sportschuhen herumlaufen, nur wenige rennen. Zwei habe ich sogar mit Zigaretten gesehen. Die Polizisten wissen sehr gut, dass es sich hauptsächlich um Bluffs handelt und drücken oft ein Auge zu, es sei denn, jemand übertreibt.

 

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