
Die Geschäfte schließen am Freitag Nachmittag, die Straßenbahn fährt nicht mehr und die Stadt scheint wie gelähmt – am Schabbat ist bekannterweise wenig los in Jerusalem. In jüdischen Vierteln wie Me’a Sche’arim herrscht gar komplettes Fahrverbot. Die Straßen sind leer, man braucht sich keine Gedanken zu machen, auch auf sonst vielbefahrenen Wegen einen Fuß zu setzen.
Als Tourist kann man dabei jedoch ganz schön ins Schwitzen kommen. Vor allem, wenn man nicht darauf vorbereitet ist… „Wo bekomme ich jetzt denn nur eine Falafel zum Mittag?“
Anders die Israelis. Im Wissen, was am Schabbat los ist (und was nicht), wird dieser Tag zum kompletten Familientag. Die Straßen sind plötzlich doch voll – mit Fußgängern! Die einen gehen spazieren, die anderen zum Gottesdienst. Spätestens am Samstagnachmittag sind dann wohl alle draußen.
Als ich den Schabbat beging – wohl in dem Wissen, wie es abläuft – war ich dennoch erstaunt. Zwischen dem Neustadtzentrum und dem Regierungsviertel entdeckte ich den sogenannten Sacher Park. Dabei handelt es sich nicht um einen Verkaufsstand österreichischer Köstlichkeiten, sondern um den Ruhepol der sonst so belebten Stadt schlechthin. Benannt nach irgendeinem Briten (deshalb auch eigentlich „Sacker Park“), posiert der Garten (hebr.: gan = Garten/Park), ideal zum Wandern, Entspannen oder Spielen, als „grüne Lunge Jerusalems“ schlechthin. Neben Pinien und Kiefern, einer großen Rasenfläche und vielen schattigen Plätzchen, gibt es für sportliche Leute einen Hockeyplatz, einen Basketballplatz und natürlich auch einen Fußballplatz. Für die Genießer stehen viele Bänke sowie ein Café (was leider am Schabbat nicht geöffnet hat) zur Verfügung.
Ich setze mich also auf eine Parkbank in erhöhter Lage und genieße die Aussicht. Eine Familie sitzt unter ein paar Bäumen und macht ein Picknick, Kinder toben herum. Auf der riesigen Grünfläche spielen junge Männer mit einem Football, andere kicken mit einem echten Fußball. Wieder andere Jugendliche spielen Frisbee. Ich glaube, dass es kaum einen Freizeitsport gibt, der hier nicht ausprobiert wurde. Na gut, vielleicht Eishockey… Aber selbst das würde man hier wahrscheinlich spielen, wenn es denn möglich wäre.
Nach etwa 20 Minuten, in denen ich mir gerade einmal einen Überblick über die Masse an Israelis gemacht habe (in dem großen Gelände fällt die Masse gar nicht so auf), setzen sich neben mir auf die Bank auch schon ein paar ältere Herren. Israelis, wahrscheinlich Juden. Wir kommen ein wenig ins Gespräch, mit dem anderen „Banknachbarn“ wird bereits über Politik diskutiert. Jetzt wird mir die Gelassenheit in diesem Park am Schabbat erst richtig bewusst. Mir werden Datteln und Kaugummis angeboten. Trotz weniger gewechselter Worte war es ein gutes Miteinander. Nach etwa 40 weiteren Minuten stehe ich langsam auf, verabschiede mich freundlich, wünsche noch Schabbat Schalom und schlendere weiter durch den Park. Erstaunlich, dass der Rasen bei dieser Hitze nicht vertrocknet, aber irgendwie haben die Leute es geschafft, diese Oase in der Stadt wirklich grün zu halten.
„Du sollst den Feiertag (Schabbat) heiligen“ heißt es im 2. Mose 20. Ein wahrhaft schönes Gebot, eines, dass uns indirekt solche Erlebnisse schenkt. Was kann es schöneres geben, als nach einem Gottesdienst am Vormittag (oder am Vortag) den Tag des HERRN entspannt ohne stressige und hektische Alltagssorgen zu genießen? Widmen wir (zumindest) diesen Tag in der Woche unserm Herrn, haben wir beides: Seinen Segen und Gelassenheit für die kommenden Tage!
Der Sacher Park – von der Stadt Jerusalem für die Einwohner Jerusalems und ihre Gäste. Sollte jemand Jerusalem besuchen und nicht wissen, was er (oder sie) machen kann, empfehle ich diesen Garten. Ausspannen und Abschalten. Danach kommen garantiert neue Ideen.
Fotos: Karl Friedrich
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